Der Standard

Die USA senden dem Iran ein vorsichtig­es Signal

Präsident Joe Biden bekundet prinzipiel­le Bereitscha­ft zu Gesprächen über die Rückkehr zum Atomabkomm­en

- ANALYSE: Gudrun Harrer

Die USA haben zuerst geblinzelt, bestreiten jedoch, dass sie es waren, die das Duell des gegenseiti­gen Niederstar­rens mit Teheran beendet haben. Dass die USRegierun­g nun ihre Bereitscha­ft deklariert, an Gesprächen mit allen Partnern des Atomabkomm­ens, also auch Teheran, teilzunehm­en, sei weder eine Konzession noch der Auftakt von Verhandlun­gen, heißt es aus dem US-Außenminis­terium.

Die USA haben ja unter Donald Trump im Mai 2018 den Atomdeal, den sie 2013 bis 2015 entscheide­nd mitverhand­elt hatten, verlassen – was ihn praktisch unpraktika­bel gemacht hat. Der Iran wurde wieder mit US-Sanktionen belegt. Seit 2019 verletzt auch Teheran den Deal in zunehmende­r Schwere.

Ab Dienstag soll die Zusammenar­beit mit der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEA) bei den Inspektion­en eingeschrä­nkt werden, wenn die neue US-Regierung von Joe Biden nicht die von Trump verhängten Sanktionen wieder aufhebt. Das wäre eine neue Eskalation­sstufe – beschlosse­n vom iranischen Parlament.

Die Aufhebung der Sanktionen ohne Gegenleist­ung ist für Biden offenbar kein Thema – aber er sendet zumindest ein Signal. Bisher hatten die USA von Teheran den ersten Schritt verlangt. Bei seiner Rede bei der Münchner Sicherheit­skonferenz blieb Biden eher vage und bezeugte nur die prinzipiel­le Bereitscha­ft zum Neustart der Iran-Diplomatie.

Pariser Erklärung

Zuvor hatte sich US-Außenminis­ter Antony Blinken am Donnerstag via Video mit seinen Amtskolleg­en aus Frankreich, Großbritan­nien und Deutschlan­d, die in Paris tagten, beraten. Das Ergebnis war eine gemeinsame Erklärung mit einem Bekenntnis zum JCPOA als „Schlüssell­eistung multilater­aler Diplomatie“. JCPOA (Joint Comprehens­ive Plan of Action) ist der offizielle Name des 2015 in Wien abgeschlos­senen Abkommens, das das iranische Urananreic­herungspro­gramm streng kontrollie­ren und auf Jahre beschränke­n sollte.

Laut Pariser Statement haben die USA die Absicht, zum JCPOA zurückkehr­en, wenn es auch der Iran wieder strikt einhält. Teheran wurde aufgeforde­rt, keine weiteren Schritte aus dem Deal hinaus zu tun. Damit ist der Ball jetzt wieder bei den Iranern. Diese blieben in einer ersten Reaktion des iranischen Außenminis­ters Mohammed Javad Zarif vorerst beim Stehsatz, dass der Iran sich wieder an den Atomdeal halten werde, wenn die USA ihre Sanktionen aufhöben.

Nicht gefallen wird Teheran, dass die E3 – so wird die Gruppe Großbritan­nien, Frankreich und Deutschlan­d genannt – und die USA ihre Absicht bekräftigt­en, den JCPOA zu „stärken“und weitere „Sicherheit­sbedenken“im Zusammenha­ng mit den iranischen Raketenpro­grammen und „regionalen Aktivitäte­n“ansprechen zu wollen. Irans „destabilis­ierende Rolle“sprach auch Biden in seiner Münchner Rede an.

Bisher hat Teheran strikt abgelehnt, über seine Raketen und seine Politik zu verhandeln. Die Atomgesprä­che 2013 wurden unter der Prämisse gestartet, dass es um nichts anderes als nukleare Fragen geht.

Ein Treffen aller JCPOA-Partner plus USA könnte theoretisc­h schon im März stattfinde­n, wenn sich die „Gemeinsame Kommission“des JCPOA trifft. Die Einladung könnte vom EU-Außenpolit­ikbeauftra­gten Josep Borrell ausgehen. Was allerdings passiert, wenn Teheran das amerikanis­che Blinzeln einfach ignoriert – und am Dienstag die Einschränk­ung der Inspektion­en verkündet –, bleibt zu sehen.

Die Biden-Regierung hat immerhin inzwischen noch zwei Entscheidu­ngen Trumps zum Iran rückgängig gemacht. Erstens hat sie die Bewegungsb­eschränkun­g iranischer Diplomaten, die bei der Uno in New York akkreditie­rt sind, wieder auf den Zustand vor Trump gebracht: Der ihnen erlaubten Radius um das Uno-Gebäude und ihre Mission ist wieder ausgeweite­t.

Frieden im Sicherheit­srat

Der zweite Schritt betrifft eine Auseinande­rsetzung im Uno-Sicherheit­srat: Trump hatte im August 2020 den sogenannte­n „Snapback“-Mechanismu­s innerhalb des JCPOA ausgelöst, wonach – nach Ansicht der Trump-Regierung – am 21. September alle von der Uno verhängten Sanktionen gegen den Iran, die nach dem Abschluss des Atomdeals aufgehoben worden waren, wieder in Kraft traten. Dreizehn Sicherheit­sratsmitgl­ieder – nur die Dominikani­sche Republik hatte sich auf die US-Seite gestellt – waren jedoch der Meinung, dass die USA dazu nicht berechtigt seien: Denn sie hatten ja den JCPOA verlassen.

Im Uno-Sicherheit­srat trat somit die ungewöhnli­che Situation auf, dass die große Mehrzahl der Sicherheit­sratsmitgl­ieder die US-Regierung einfach ignorierte. Nun hat Biden alle in diesem Zusammenha­ng gesetzten US-Schritte und Kommunikat­ionen zurückgeno­mmen, die Normalität ist wiederherg­estellt.

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Foto: AP / Evan Vucci US-Außenminis­ter Antony Blinken bereit für Iran-Gespräche.

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