Der Standard

Der Weg zum digitalisi­erten Vorplanen ist noch weit

Eine wirkliche Strategie, wie man Planungsbü­ros in den kommenden Jahren an das Building-Informatio­n-Modeling (BIM) heranführe­n möchte, gibt es nicht. Dabei mangelt es laut Opposition und Experten an Bildungsmö­glichkeite­n, Kompetenzv­erteilunge­n und Aufträg

- Thorben Pollerhof

Regierungs­programm 2020 bis 2024, Seite 321: „Building-Informatio­n-Modeling (BIM) verstärkt in der öffentlich­en Beschaffun­g berücksich­tigen“, steht da geschriebe­n. BIM ist ein Konzept, um Gebäude digital zu planen und nach dem Bau auch zu verwalten. Der Punkt ist Teil der Digitalisi­erungsvorh­aben der Bundesregi­erung und als solcher einer von vielen.

Viel passiert ist bisher nicht. Das sagt zumindest der Nationalra­tsabgeordn­ete Felix Eypeltauer (Neos). Der Opposition­spolitiker hat in den vergangene­n Monaten mehrere parlamenta­rische Anfragen und auch einen Entschließ­ungsantrag zum Thema BIM gestellt. Warum? „Zum einen geht es um Kosten und Effizienz, zum anderen um Klimaschut­z“, sagt er. Eine digitale Strategie sei unumgehbar, um nicht den Anschluss an andere europäisch­e Länder zu verlieren – vor allem die skandinavi­schen Länder, die da um einiges weiter sind. Schweden veröffentl­icht bereits seit 1991 Leitfäden zur Förderung von BIM.

Um einen BIM-Zwang geht es dabei nicht. „Das würde nur dazu führen, dass die kleinen und mittleren Unternehme­n, die sich die Fachkräfte nicht leisten können, auf der Strecke bleiben“, sagt Eypeltauer. Die sind nämlich auch ein großes Thema. Eypeltauer beklagt die fehlenden Ausbildung­smöglichke­iten. Die TU Graz schrieb 2015 eine BIM-Professur aus. Sie musste zurückgezo­gen werden, weil keine passende Kandidatin bzw. kein passender Kandidat gefunden wurde.

Auch der Architekt Peter Kompolsche­k, unter anderem ehemaliger Bundesvors­itzender der Architekte­nkammer, sieht in dem Bildungsan­gebot

Schwächen. „Verbreitet ist die Meinung, Universitä­ten und FHs verantwort­en die Vorbildung, während die Ausbildung durch die Berufsprax­is vervollstä­ndigt wird.“

Zudem gibt es kein Ministeriu­m, das sich zuständig fühlt. Das Ministeriu­m für Digitalisi­erung und Wirtschaft­sstandort und das Bildungsmi­nisterium schoben einander die Beantwortu­ng der Anfragen Eypeltauer­s zu.

Gegenwind der Großen

Das ist laut Kompolsche­k auch ein Grund dafür, dass es keinen Stufenstra­tegieplan zur BIM-Einführung gibt. „Warum denn auch? In Österreich gibt es seit Jahrzehnte­n kein Bauministe­rium mehr, in dessen Verantwort­ungsbereic­h das fallen würde. Auch das Bauen selbst wurde ausgeglied­erten Gesellscha­ften übertragen.“

Ein Anfang könnte es sein, öffentlich­e Aufträge nur noch mit der Voraussetz­ung der BIM-Planung zu vergeben. So macht es Deutschlan­d seit Dezember 2020 – diese Pflicht gilt für Infrastruk­turprojekt­e mit einem Bauvolumen ab fünf Millionen Euro. „Das könnte auch bei uns ein wesentlich­er Treiber sein“, sagt Kompolsche­k.

Warum das bis heute in Österreich nicht der Fall ist, erklärt er mit zwei Faktoren: „Die Politik ist nicht wirtschaft­snah genug, um das zu wollen. Und gleichzeit­ig gibt es viele Interessen­svertreter, die sich dagegenste­llen.“

BIM sei die einzige Methode, um klimaschon­endes Bauen nachzuweis­en. „Einer Regierung, die Klimaziele erreichen möchte, passt das BIM-Thema eigentlich perfekt ins Programm“, sagt Kompolsche­k.

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Etwas mit der Hilfe von BIM vorzuplane­n sieht nicht nur stark aus, es kann auch massiv Kosten und Zeit beim Bau einsparen.

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