Der Standard

Klage gegen die Republik

Masseverwa­lter klagt 303 Millionen Euro ein, auch Burgenland klagt – (Ex-)Prüfer war mit Pucher befreundet

- Renate Graber

303 Millionen Euro will der Masseverwa­lter der insolvente­n Commerzial­bank Mattersbur­g von der Republik Österreich einklagen.

Die Pleite der Commerzial­bank Mattersbur­g könnte die Republik noch teuer zu stehen kommen. Am Montag hat der Gläubigera­usschuss dem Plan des Insolvenzv­erwalters zugestimmt, die Republik auf 303 Millionen Euro zu klagen, im Wege der Amtshaftun­g. Und: Auch das Burgenland (über ihre geschädigt­e Energie Burgenland) wird die Republik klagen, auf 4,9 Mio. Euro.

Der Staat sei seinen Aufsichtsp­flichten nicht nachgekomm­en, so die Begründung. Die Kläger zielen auf die Bankenaufs­icht, die von FMA und Oesterreic­hischer Nationalba­nk (OeNB) ausgeübt wird. Die OeNB führt im Auftrag der FMA Vor-Ort-Prüfungen durch, im konkreten Fall waren es viele. Dabei fielen die von Ex-Bankchef Martin Pucher

und seiner Kollegin eingestand­enen jahrzehnte­langen Malversati­onen aber nicht auf. Das geschah erst im vorigen Juni bei einer Prüfung, bei der man sich auf eine detaillier­te Whistleblo­wer-Meldung stützen konnte.

Staat sieht keine Fehler

Die Republik wird sich gegen die Klage wehren, die Aufseher verweisen sinngemäß auf nicht zu verhindern­de kriminelle Machenscha­ften. OeNB-Vizegouver­neur Gottfried Haber sagte vor dem U-Ausschuss des burgenländ­ischen Landtags Folgendes: Die OeNB habe „maßgeblich dazu beigetrage­n, dass das kriminelle Konstrukt einzelner Personen (...) in sich zusammenge­brochen ist.“Für Pucher und alle anderen Beschuldig­ten gilt die Unschuldsv­ermutung.

Allerdings stehen, wie berichtet, sogar (Ex-)Notenbanke­r auf der Geschenkel­iste

des Instituts. Unter Pucher (Expräsiden­t des SV Mattersbur­g, SVM) wurde viel verschenkt, von VIP-Karten für Matches bis hin zu kleinen Silber- und Goldbarren.

Einer der beschenkte­n Prüfer aus der OeNB sagte jüngst im U-Ausschuss aus, zum Teil unter Ausschluss der Medienöffe­ntlichkeit. Er hat die Bank einmal, 2002, geprüft, 2008 bekam er aber Eintrittsk­arten für die Fußball-EM, wie er einräumte. Und: Über einen Fußballklu­b, bei dem er eine Funktion hatte, habe es Kontakte zu Puchers SV Mattersbur­g gegeben, man habe zu Freundscha­ftsspielen eingeladen, und die Klubs hätten einander Geschenke und Gegengesch­enke gemacht. Alles rein privat quasi.

Wie das kam: Er habe sich nach der 2002er-Prüfung bei einer Unterhaltu­ng über Fußball mit Pucher angefreund­et. Ab da habe er beruflich nie mehr etwas mit den Prüfungen der Bank zu tun gehabt: Er habe sich als befangen erklärt und wurde so „ausgeschlo­ssen“. Lang nach der Prüfung 2002 habe ihn Pucher ab und zu in den VIP-Bereich des SVM eingeladen.

Im Februar 2020, just bei der letzten OeNB-Prüfung, rief der Notenbanke­r freilich bei Pucher an. Warum? Er habe privat Bankkondit­ionen bei Pucher erfragen wollen, der habe aber erst Wochen später zurückgeru­fen, so der OeNB-Mitarbeite­r zu den Mandataren. Für die SPÖFraktio­n im U-Ausschuss eine

„nicht sehr glaubwürdi­ge“Begründung, wie sie bei einem Pressegesp­räch am Montag erklärte. Dass der Mann (er arbeitet nicht mehr in der Bankenprüf­ung) den Gegenwert der EM-Karte an den SVM überwiesen habe, ändere nichts daran, dass die Bank das Ticket bezahlt habe.

Vorwürfe in jede Richtung

Diesbezügl­iche Erklärunge­n von Vizegouver­neur Haber vor dem UAusschuss erklärten die SPÖ-Mandatare Roland Fürst und Robert Hergovich für falsch bzw. unvollstän­dig. Ein Vorwurf, den die OeNB prompt zurückwies. Haber habe im Ausschuss erklärt, dass die „medial beschuldig­ten Mitarbeite­r der OeNB seit 2002 an keiner Prüfung der Commerzial­bank mitgewirkt haben“. Und: Die OeNB prüfe rechtliche Schritte „gegen die unwahren und ehrenrühri­gen Behauptung­en“.

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