Der Standard

Biontech-Impfung verhindert Virusweite­rgabe zu fast 90 Prozent

Gute Nachrichte­n aus Israel: Das Vakzin schützt nicht nur in hohem Maß vor Erkrankung, sondern auch vor Übertragun­g

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Wien – Es ist die große Gretchenfr­age seit der Zulassung der ersten Impfstoffe gegen Corona: Wie gut können sie Übertragun­gen von Sars-CoV-2 verhindern? Die klinischen Studien waren nämlich ganz auf die Frage fokussiert, wie gut die Vakzine vor Erkrankung­en mit Covid-19 schützen – und das tun sie in einem sehr hohen Ausmaß von bis zu 95 Prozent. Unklar blieb aber, ob geimpfte Menschen das Virus trotzdem in Form von unbemerkte­n asymptomat­ischen Infektione­n weitertrag­en können.

Im schlechtes­ten Fall, so befürchtet­en manche, könnten Geimpfte dadurch zu Überträger­n des Virus im großen Stil werden, da ihnen nicht auffallen würde, dass sie infiziert, aber eben nicht erkrankt sind.

Zweifel am Übertragun­gsschutz

Die Schätzunge­n der Experten waren ursprüngli­ch eher pessimisti­sch: Da die Impfung in den Oberarm erfolgt, beginnt die Immunisier­ung dort. Und das könnte insofern ungünstig sein, da die Eintrittsp­forte des Virus der Hals- und Rachenraum ist, wo sich Erreger womöglich trotz Impfung doch noch ansiedeln und vermehren könnten. Selbst Biontech-Chef Uğur Şahin hielt deshalb eine Reduktion der Übertragun­gen um „nur“rund 60 Prozent für realistisc­h.

Doch nun wurden vorab Zahlen aus Israel bekannt, die noch sehr viel erfreulich­er sind. Dort ist bereits rund ein Drittel der Bevölkerun­g mit zwei Dosen geimpft, und deshalb lässt sich dort erstmals anhand von großen Untersuchu­ngszahlen in Echtzeit ermitteln, wie der Impfstoff wirkt und das Pandemiege­schehen beeinfluss­t.

Allem Anschein nach flossen in die neue, noch nicht veröffentl­ichte Studie die Daten von rund 1,7 Millionen Geimpften ein. Dabei zeigte sich nach übereinsti­mmenden Pressemeld­ungen, dass der Impfstoff zu 89,4 Prozent effizient in der Verhinderu­ng von Sars-CoV-2-Infektione­n sein dürfte. Konkret handelte es sich dabei vor allem um (verhindert­e) Infektione­n mit der britischen Virusvaria­nte B.1.1.7, die bereits während der Untersuchu­ng mit 81 Prozent der Fälle dominierte.

Während in der Gruppe jener Personen, die bereits zwei Impfdosen erhalten haben, lediglich 1842 Sars-CoV-2-Infektione­n auftraten (konkret: 11,5 Infektione­n pro 100.000 Personenta­gen), waren es in der Kontrollgr­uppe der Ungeimpfte­n 76.797 Infektione­n, was einer etwa zehnmal so hohen Rate (von 114,4 Infektione­n pro 100.000 Personenta­gen) entspricht.

Daten sind noch nicht bestätigt

Die Daten sind freilich erst vorläufig und wurden auch von Biontech/Pfizer (noch) nicht offiziell bestätigt. Die dazugehöri­ge Studie zirkuliert vorläufig nämlich nur als 22-seitiger Aufsatz und muss erst auf einen der Preprint-Server hochgelade­n werden, ehe in weiterer Folge an eine Publikatio­n in einem Fachmagazi­n zu denken ist.

Sollten die neuen Erkenntnis­se stimmen, wovon auszugehen ist, würde uns das im weiteren Kampf gegen Sars-CoV-2 gleich mehrere, nicht zu unterschät­zende Trümpfe in die Hand geben. Denn erstens wird die Pandemie dadurch leichter kontrollie­rbar, und es ist früher an die Aufhebung von Kontaktein­schränkung­en zu denken, da Geimpfte kaum mehr als Überträger infrage kommen.

Zweitens würde sich das Infektions­geschehen insgesamt zurückdrän­gen lassen, was auch bedeutet, dass weniger Viren im Umlauf sind und weniger Mutationen entstehen. Und drittens rückt das Ziel der Herdenimmu­nität dadurch wieder etwas näher.

Unklar ist freilich, wie gut auch die anderen in Europa zugelassen­en Impfstoffe – also jene von Moderna und Astra Zeneca / Uni Oxford – Ansteckung­en verhindern. Doch auch dazu werden in den nächsten Tagen und Wochen Studienerg­ebnisse erwartet. (tasch)

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