Der Standard

Milde Strafen für Mitglieder der Europäisch­en Aktion

Vier Personen wegen Verstoßes gegen Verbotsges­etz nicht rechtskräf­tig verurteilt

- Laurin Lorenz Info Direkt,

Flyer drucken, Spenden sammeln und in Ungarn bei einem Treffen dolmetsche­n: Handlungen, die an sich vor Gericht nichts verloren haben. Doch im Prozess gegen fünf mutmaßlich­e Mitglieder der Europäisch­en Aktion (EA) am Wiener Straflande­sgericht wurde am Montag der Aufbau einer nationalso­zialistisc­hen Organisati­on gemäß Verbotsges­etz verhandelt. Vier Männer wurden nicht rechtskräf­tig verurteilt, einer freigespro­chen. Alle Anklagen wegen Hochverrat­s, also eines geplanten gewaltsame­n Umsturzes des Staates, wurden abgewiesen.

Dem Prozess vorausgega­ngen waren umfassende Ermittlung­en: Onlineprof­ile wurden beobachtet, Observatio­nen und Telefonübe­rwachungen durchgefüh­rt. In Zusammenar­beit mit ausländisc­hen Behörden war die EA seit ihrer Gründung im Jahr 2010 auf dem Radar der Verfassung­sschützer. Offene Holocaustl­eugner und bekannte Gesichter der rechtsextr­emen Szene aus der Schweiz, Deutschlan­d und Österreich gründeten damals das länderüber­greifende Netzwerk. Als Teil einer europaweit­en Armee hätten in allen Ländern kampfberei­te neonazisti­sche Truppen organisier­t werden sollen, auch in Österreich.

Sieben Ziele

Dafür versuchte der für Österreich ernannte Landesleit­er Hans Berger Mitglieder zu werben. Ideologisc­h wurde die geplante Errichtung einer „Reichsregi­erung“in den sieben Zielen der EA festgehalt­en: Unverblümt war auf deren Website nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t abrufbar. Weit kam Berger mit seinen Plänen nicht: 2016 wurde er in Untersuchu­ngshaft genommen, zwei Jahre später verstarb er 77-jährig in der Haft. Auch der sogenannte Wiener Gebietslei­ter Rudolf Vogel starb bereits 2017.

Weil die Behörden offensicht­lich eingriffen, bevor die EA ihre sieben Ziele in die Tat umsetzen konnte, kreiste der Prozess um die Frage, ob sich die fünf Angeklagte­n der Tragweite ihrer Unterstütz­ungshandlu­ngen bewusst waren. Sie organisier­ten Veranstalt­ungen in einer Pizzeria oder Sonnwendfe­iern, druckten und übersetzte­n Flyer oder sammelten Spenden.

Einer der Angeklagte­n fühlte sich vom älteren Berger geschmeich­elt, als er zum Gebietslei­ter ernannt wurde, zuvor hatte sich der damals 20-Jährige bei der FPÖ „verloren gefühlt“. Ein anderer erklärte die vielen NS-verharmlos­enden Schriften, die bei ihm gefunden wurden, mit seinem notorische­n Sammlertum.

Der österreich­ischungari­sche Doppelstaa­tsbürger P. K. sagte, sein Nationalst­olz beziehe sich nur auf Ungarn. Dass er EA-Mitglieder mit der ungarische­n Neonazigru­ppe MNA vernetzen sollte, um ihnen paramilitä­rische Trainings in Ungarn zu ermögliche­n, soll keine europäisch­e Dimension gehabt haben, sagt K.

Vier der fünf Angeklagte­n zeigten sich im Laufe des dreitägige­n Prozesses wegen ihrer damaligen Unterstütz­ungsleistu­ngen für die EA geständig, einen Hochverrat wollte aber niemand von ihnen geplant haben. Das Urteil fiel wegen der umfassende­n Geständnis­se dementspre­chend mild aus: Die Mindeststr­afe von zehn Jahren wurde bei allen deutlich unterschri­tten. Zwei erhielten fünfjährig­e Haftstrafe­n, vier Jahre davon bedingt, einmal gab es eine dreijährig­e und einmal eine vierjährig­e bedingte Haftstrafe. Alle Verurteilt­en akzeptiert­en das Urteil, die Staatsanwa­ltschaft bat um Bedenkzeit.

Ein Freispruch

Gänzlich – nicht rechtskräf­tig – freigespro­chen wurde P. H. Er will Berger nur als Freund gekannt haben, seine IT-Kenntnisse sollen nicht als Unterstütz­ung für die EA erfolgt sein, sagte H. in seinem Plädoyer. Seine Ausführung­en zeigten, in welchem Milieu die EA vernetzt war: Er erhielt über einen bekannten Ex-Neonazi Aufträge für das rechte Magazin arbeitete für das Freiheitli­che Bildungsin­stitut und setzte die Website vom verurteilt­en Holocaustl­eugner Gerd Honsik neu auf.

Die EA dürfte die Gerichte nach den nicht rechtskräf­tigen Urteilen vom Montag noch weiter beschäftig­en: Während des Verfahrens zeigte sich, dass zumindest noch ein weiteres, abgesonder­tes Verfahren geführt wird.

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