Zurück zu mehr Sachlichkeit!
Zwei Stimmen zur Debatte um die Neugestaltung des Heeresgeschichtlichen Museums
Die Vorlage des jüngsten Kommissionsberichts zum Heeresgeschichtlichen Museum hat die Diskussion um diese Institution neu belebt – und das ist gut so. Weniger gut ist der polemische Ton der letzten Wortmeldungen – so sehr ich sowohl Michael Hochedlinger wie Peter Pirker als Historikerkollegen schätze
(siehe „Geistiger Musikantenstadel“und „Braune Eier im Heeresgeschichtlichen Museum“, DER STANDARD, 12. beziehungsweise 19. 2. 2021).
Aus dem Dienst des langjährigen Direktors Johann Christoph Allmayer-Beck in der deutschen Wehrmacht „braun-schwarze Anfänge“des Museums ableiten zu wollen, ist ebenso absurd wie die Behauptung, Allmayer-Beck wäre „nicht imstande [gewesen], sich von der Wehrmacht zu lösen“. Ganz im Gegenteil beschäftigte ihn – wie viele seiner Zeitgenossen
– die nachträgliche Einsicht, einem verbrecherischen Regime gedient zu haben. In seinen Kriegserinnerungen schrieb er ausdrücklich, er sei „sich heute darüber im Klaren, dass er und seine Kameraden, ungewollt und unwissend, unter der falschen Fahne fochten – der Fahne mit dem Hakenkreuz“. In der Gestaltung des Museums jedenfalls war für eine Glorifizierung des Dritten Reichs kein Platz.
Fragen abarbeiten
Letztlich war es AllmayerBeck, der die bis dahin vor allem auf Kriegs- und Operationsgeschichte ausgerichtete militärhistorische Forschung in Österreich neu belebte und damit die im angelsächsischen Raum, aber auch in Deutschland erfolgte Erweiterung der Militärgeschichte hin zu sozial- und wirtschaftshistorischen Fragen nach Österreich brachte. Leider ist Hochedlinger zuzustimmen, dass die militärhistorische Forschung in Österreich, insbesondere an den Universitäten, insgesamt sehr schwach vertreten ist.
Für das Museum muss jetzt im Vordergrund stehen, die vielen anstehenden Fragen, die sich teils seit Jahrzehnten angesammelt haben, anzugehen und abzuarbeiten. Der Bericht der dazu eingesetzten Expertenkommission ist wohl ein geeigneter – wenn auch manchmal in sich widersprüchlicher – Ausgangspunkt. Wesentlich wird es sein, für die Erneuerung des Museums die erforderlichen finanziellen und personellen Mittel bereitzustellen – vor allen in dieser Hinsicht sollten Institutionen wie das Imperial War Museum ein Vorbild sein.
ist Universitätsprofessor und lehrt an der Landesverteidigungsakademie in Wien und am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck.
Mag sein, dass es erfreulich ist, wenn über ein Museum berichtet, ja gestritten wird, dessen Bekanntheit nicht immer gegeben war. Doch so wie Für und Wider jüngst aufeinanderprallen, bekommt die Debatte lediglich einen gewissen Unterhaltungswert, ohne auch nur im Mindesten zur Versachlichung beizutragen. Noch viel weniger weiterführend ist es, wenn frühere Direktoren angepatzt werden, wie Johann Christoph Allmayer-Beck, dessen Bedeutung als Wissenschafter, Museumsgestalter und Mensch wegen seiner Offizierslaufbahn in der deutschen Wehrmacht in Zweifel gezogen wird.
Auslösend für die gegenwärtige Debatte waren ein Bericht des Rechnungshofs und Kritik an der Darstellung der Zeit von 1918 bis 1945. Auch da wurde kräftig übers Ziel geschossen. Richtig ist, dass der Bericht der sogenannten Muchitsch-Kommission auf viele Schwachstellen des Museums hinweist und dazu gedacht war, Wege aufzuzeigen, wie sich der gegenwärtige unbefriedigende Zustand ändern ließe. Die Quintessenz des Berichts zielt darauf ab, eine komplette Neuaufstellung zu empfehlen, also von der nach Perioden gegliederten Aufstellung zu einer thematischen Aufstellung zu wechseln. Das wäre sicherlich ein Weg, würde eine zumindest zweijährige Schließung und einiges Geld erfordern, doch es wäre eine saubere Lösung, die viele Möglichkeiten eröffnen könnte.
Dazu braucht es aber weder die gewisse Häme und unsinniges Wortgeklingel noch Hinweise auf frühere Direktoren und Vergleiche mit Museen wie dem Imperial War Museum in London, das in seinem letzten Stock ein Holocaust Museum birgt, noch sonstige Vergleiche. Es braucht dazu ausschließlich den Willen, etwas Neues zu schaffen und damit einem einzigartigen Gedächtnisort seinen Fortbestand zu sichern.
MANFRIED RAUCHENSTEINER ist Historiker und ehemaliger Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums (1992–2005).