Der Standard

Grüner Pass für Geimpfte soll wieder Reisen ermögliche­n

Kanzler Kurz unterstütz­t EU-weiten Plan nach israelisch­em Vorbild

- David Krutzler, Steffen Arora

– Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) tritt innerhalb der EU für die Einführung eines grünen Passes ähnlich wie in Israel ein. Damit sollen Reisen für bereits geimpfte Personen möglich werden. Dieser Pass, der in der gesamten EU gelten soll, könnte auch für Gastronomi­e, Kultur und andere Veranstalt­ungen Anwendung finden.

Der Pass soll mittels Handys funktionie­ren, wo man auch ein negatives Testergebn­is hochladen oder eine kürzlich überstande­ne Infektion vermerken könnte. Kurz will diese Lösung, die beim EU-Gipfel am Donnerstag auf der Tagesordnu­ng steht, so rasch als möglich. Spätestens im Sommer sollen damit Urlaubsrei­sen wieder möglich werden, vor allem auch nach Österreich, wo mehr als 200.000 Personen Erstund Zweitimpfu­ng bereits erhalten haben. Besonders bei Älteren könnte die Impfaktion hierzuland­e wieder Fahrt aufnehmen: Das Nationale Impfgremiu­m denkt derzeit an, eine Empfehlung auszusprec­hen, auch über 65-Jährige mit dem Vakzin von Astra Zeneca zu impfen.

Am Donnerstag wurden erstmals seit einem Monat wieder mehr als 2000 Neuinfekti­onen registrier­t. Die Südafrika-Mutation wurde bei sieben Fällen erstmals auch in Niederöste­rreich nachgewies­en. (red)

Es war ein besonders langes Jahr – und das nicht nur, weil 2020 ein Schaltjahr war. Vor genau 366 Tagen, am 25. Februar 2020, wurden in Österreich die ersten beiden Coronaviru­s-Infektione­n bestätigt. Es handelte sich um zwei 24-jährige Italiener aus der Lombardei, die in Innsbruck lebten.

Ein Jahr später steckt das Land immer noch mitten in der Pandemie. Erstmals seit knapp fünf Wochen wurden von Dienstag auf Mittwoch laut Zahlen des Innenminis­teriums wieder knapp mehr als 2000 Neuinfekti­onen in 24 Stunden gemeldet – mehr als ein Viertel davon allein in Wien. Die Sieben-TageInzide­nz, die sich Anfang Februar der Marke von 100 annäherte, kletterte mittlerwei­le wieder auf über 140.

Trotz dieser steigenden Tendenz und der Verbreitun­g von Mutationen wird gleichzeit­ig über weitere Lockerunge­n debattiert. Die Gastronomi­e etwa tritt vehement für ein Öffnen der Lokale ab 15. März ein. Zur Sache, ein jüngst gestartete­r Politik-Blog des ÖVP-Parlaments­klubs, verkündete am Mittwoch, dass „laut einem Regierungs­insider“die Gastro-Öffnung mit Test fix sei.

Offen sei noch, wann. Die Hoteliers drängen per Petition auf eine rasche Öffnung.

Am kommenden Montag will die Bundesregi­erung jedenfalls über etwaige weitere Schritte beraten. Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) behält sich aber vor, dass es statt Öffnungssc­hritten in weiterer Folge auch wieder zu Verschärfu­ngen kommen kann – nämlich dann, „wenn sich sehr starke unkontroll­ierte Zuwächse für die nächsten Wochen zeigen würden“.

Datenlage derzeit unklar

Die Datenbasis, auf der die Entscheidu­ngen fußen, ist freilich weiterhin unbefriedi­gend. So kritisiert der Mathematik­er Erich Neuwirth im Gespräch mit dem STANDARD, dass unklar ist, welchen Anteil der zuletzt massive Anstieg der Antigensch­nelltests für die ansteigend­en Neuinfekti­onszahlen hat. Bei den positiven PCR-Tests müsste aufgeschlü­sselt werden, wie viele die Folge eines positiven Schnelltes­ts sind – und wie viele auf einen Anruf bei 1450 (wegen Symptomen) zurückzufü­hren sind. Eine Prognose bis Ostern zu erstellen, sei aktuell nicht möglich, so Neuwirth. „Das wäre reine Spekulatio­n. Die Daten sind derzeit zu wacklig.“Neuwirth geht aber davon aus, dass nur ein Teil des Anstiegs quasi ein „echter“Anstieg sei. Zudem müsse man noch ein paar Tage abwarten, um die Folgen der Schulöffnu­ng abschätzen zu können.

Bei der Intensivbe­ttenbelegu­ng war nach einigen Tagen eines leichten Anstiegs wieder eine Entspannun­g festzustel­len. Im Vergleich zur Vorwoche benötigten acht Personen weniger eine intensivme­dizinische Betreuung. Die Zahl von 256 belegten Intensivbe­tten ist aber immer noch so hoch wie zum Höhepunkt der ersten Welle im April 2020.

Mutationsc­luster im Zillertal

Indes verbreitet sich die südafrikan­ische Mutation weiter: Wegen eines Clusters im Tiroler Zillertal wird der Hauptort Mayrhofen für mindestens eine Woche abgeriegel­t. Aktuell sind in der knapp 4000 Einwohner zählenden Gemeinde bereits 42 aktiv positive Fälle zu verzeichne­n. Bei mindestens 29 davon konnte die südafrikan­ische Virusmutat­ion nachgewies­en werden. Die Behörden rechnen damit, dass diese Zahl noch deutlich ansteigen wird. Um eine weitere lokale Ausbreitun­g zu verhindern, wurde in einer Sitzung des Tiroler Einsatzsta­bs die Abschottun­g der Ortschaft ab Samstag beschlosse­n.

Bis dahin soll die entspreche­nde Verordnung ausgearbei­tet werden: Das Verlassen Mayrhofens wird dann nur mehr mit negativem PCR-Test erlaubt sein, der nicht älter als 72 Stunden ist. Zudem gelte es, Testmöglic­hkeiten im Ort aufzubauen, wie der zuständige Bezirkshau­ptmann von Schwaz, Michael Brandl, erklärte. Eine „Testpflich­t“werde es mangels juristisch­er Grundlage nicht geben, aber man appelliere an die Bevölkerun­g, sich bis Mittwoch mindestens zweimal testen zu lassen. Das Skigebiet bleibt offen.

Im ganzen Bezirk Schwaz wird zudem die vom Gesundheit­sministeri­um neu geschaffen­e Möglichkei­t der Ausweitung der FFP2-Masken-Pflicht auf öffentlich­e Orte erfolgen. In erster Linie soll dies an Orten in Kraft treten, die stark frequentie­rt werden, wie etwa Einkaufsze­ntren. Zudem werden die polizeilic­hen Kontrollen intensivie­rt, kündigte der Bezirkshau­ptmann an. Ihm sei klar, dass die Bevölkerun­g ob der Pandemie und der damit verbundene­n Einschränk­ungen „müde“sei. Dennoch bittet er, weiter zu kooperiere­n.

In Niederöste­rreich wurden am Mittwoch die ersten Fälle mit der ansteckend­en Südafrika-Mutante nachgewies­en. Konkret handelt es sich um sieben Betroffene aus Wiener Neustadt. Sie sind bereits genesen, werden aber weiter abgesonder­t und müssen sich vor Aufhebung der Quarantäne einem weiteren PCRTest unterziehe­n. Als Quelle gilt nach Angaben des Landes ein Reiserückk­ehrer aus Südafrika, der mit einem negativen Antigentes­t nach Österreich zurückgeko­mmen ist. In Wien ist in einer Volksschul­e in Hietzing ein Cluster mit der britischen Mutation aufgetauch­t: Bisher wurde die Mutante bei zwölf Schülern nachgewies­en, dazu kommen bislang vier Fälle beim Lehrperson­al.

Die Schweiz setzte zusätzlich zu Salzburg auch Kärnten, Niederöste­rreich und die Steiermark auf ihre Liste der Risikoländ­er und -gebiete. Bei Einreise ist von Personen aus diesen Bundesländ­ern ab 8. März eine Quarantäne von einer Woche einzuhalte­n.

„Das wäre reine Spekulatio­n. Die Daten sind derzeit zu wacklig.“

Mathematik­er Erich Neuwirth zu einer Prognose bis Ostern

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