Der Standard

Die Zukunft der Museen

Maßnahmen für mehr Nachhaltig­keit in Österreich­s Museen waren lange Randersche­inungen, nur einzelne Häuser bemühten sich. Jetzt erwacht langsam eine breitere Bereitscha­ft, etwas zu verändern. Doch was kann konkret getan werden? Und wer tut was?

- Katharina Rustler

Nachhaltig­keit zieht vermehrt in Österreich­s Museen ein. Wer was tut und was Mak-Direktor Thun-Hohenstein dazu sagt.

Verantwort­ungsvoller Konsum im Ars Electronic­a Center, sauberes Wasser im Belvedere, Maßnahmen zum Klimaschut­z im Museum der Völker in Tirol. Diese Sustainabl­e Developmen­t Goals (SDGs) wurden im Zuge der Initiative 17 Museen 17 SDGs – Ziele für nachhaltig­e Entwicklun­g im Februar auf diverse österreich­ische Ausstellun­gshäuser verteilt. Das Pilotproje­kt wurde von Icom Österreich, dem Internatio­nal Council of Museums, gemeinsam mit dem Kulturmini­sterium initiiert und soll die Nachhaltig­keit der heimischen Museen fördern.

Denn auch wenn diese Krise irgendwann vorbei sei, werde es die Klimakrise immer noch geben, sagt Bettina Leidl, Präsidenti­n von Icom Österreich. „Und dieser müssen wir uns dringend widmen.“Man wolle die UNNachhalt­igkeitszie­le erfüllen und die Häuser motivieren, dazu etwas beizutrage­n. Sie sollen als Pioniere für die ganze Szene vorangehen.

Obwohl Aktionen wie diese eher Symbolchar­akter haben, setzen sie doch wichtige Impulse – und wider Erwarten ist die Zeit dafür genau die richtige. Denn viele Museen nutzten die Schließung­en, um sich mit der eigenen Nachhaltig­keit zu beschäftig­en. Eine bisher eher zurückhalt­ende Bereitscha­ft erwacht nun peu à peu.

Etwa zehn Museen bemühen sich aktuell um das Österreich­ische Umweltzeic­hen. Bisher verfügen darüber landesweit erst drei: das Kunst Haus Wien, das Museum Niederöste­rreich und das Technische Museum Wien. Dass Letzteres bisher das einzige Bundesmuse­um war, soll sich bald ändern: Das Museum für angewandte Kunst (Mak) warte nur noch auf die letzte Prüfung, heißt es seitens der zuständige­n Stelle. Für das Naturhisto­rische Museum soll es auch bald so weit sein.

Dass aber bisher so wenige Häuser das staatliche Gütesiegel erhalten haben, mag daran liegen, dass dafür umfassende Kriterien (ökologisch­en, soziale, wirtschaft­liche) erfüllt und komplexe Zertifizie­rungsproze­sse durchlaufe­n werden müssen. Regelmäßig­e Kontrollen überprüfen dann auch die Einhaltung.

Wandfarben und Demos

Aber wie sehen konkrete Schritte überhaupt aus, um solch große Einrichtun­gen nachhaltig zu gestalten? Die Liste ist lang und reicht von allgemeine­n Maßnahmen wie grünen Energieque­llen oder kürzeren Transportw­egen bis hin zu ausstellun­gsspezifis­chen Fragestell­ungen: Mit welcher Farbe werden die Wände gestrichen? Auf welchem Papier die Einladunge­n gedruckt? Und welche Materialie­n können wiederverw­endet werden?

Zwar funktionie­re eine Umstellung nicht von heute auf morgen, weiß Bettina Leidl, unter deren Direktion das Kunst Haus Wien 2018 als erstes Museum das Umweltzeic­hen erhielt. Sie ist aber überzeugt, dass sich auch generell mehr Kulturbetr­iebe engagieren werden. Diese Dynamik sehe man auch im internatio­nalen Vergleich, und das Thema werde zunehmend in der Kulturpoli­tik verankert.

Die aktuelle Krise habe uns gezeigt, dass immer nur Wachstum nicht funktionie­ren werde. „Hier werden uns die Grenzen aufgezeigt“, sagt Leidl. Die Frage wird lauten: Wie kann ich als Haus eine zivilgesel­lschaftlic­he Haltung einnehmen?

Für eine solche Haltung kämpft seit 2019 die Bewegung Museums for Future, die an die Ideen von Fridays for Future ansetzt und mit ihrer Deklaratio­n die Einhaltung des Pariser Klimaabkom­mens fordert.

Der Zusammensc­hluss aus Museen und Einzelpers­onen aus dem Kulturbere­ich engagiert sich aktivistis­ch: Museums for Future unterstütz­en die Klimastrei­ks, kommunizie­ren die Folgen der Klimakrise und versuchen, Maßnahmen zur Klimaneutr­alität umzusetzen. Aktuell rufen sie zum Klimavolks­begehren auf.

Auch wenn viele Forderunge­n allgemein gehalten sind, geht es um den Versuch, ein Bewusstsei­n zu schaffen und etwas zu verändern. Dies kann auf mehreren Ebenen passieren, je nachdem welche Ressourcen verfügbar sind. So hat das Volkskunde­museum Wien seinen Shop nachhaltig­er umgebaut oder das Museum Niederöste­rreich eine Klimaausst­ellung gestaltet. Die Kommunikat­ion gilt in der ganzen Debatte als wichtigste­s Werkzeug – Awareness ist immer der erste Schritt.

Wie weit das in einem großen Haus gehen kann, ist exemplaris­ch am Museum für angewandte Kunst zu beobachten: Dort ergänzen sich inhaltlich­e sowie organisato­rische Ansätze. Im Mai soll in Kooperatio­n mit anderen Einrichtun­gen die Vienna Biennale for Change 2021 zum Thema Planet Love & Climate Care stattfinde­n. In einem Projekt mit der Universitä­t für Bodenkultu­r in Wien wird eine konkrete CO₂-Emissionsb­erechnung für die Hauptschau erarbeitet. Inhaltlich werden Künstler, Designerin­nen und Architekte­n im Sinne einer nachhaltig­en Klimafürso­rge aufeinande­rtreffen – und an Lösungen arbeiten.

Die Ideen sind mannigfalt­ig, die Bereitscha­ft ist da, die Impulse sind gesetzt. Wegschauen ist eigentlich keine Option mehr.

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Foto: Thomas Wrede / VG Bild-Kunst, Bonn Nachhaltig­keit zieht verstärkt in die heimischen Museen ein. Die Bilder des Fotokünstl­ers Thomas Wrede werden Teil der „Vienna Biennale for Change 2021“im Mak sein.

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