Wettlauf um mehr Impfstoff
Österreich braucht Impfstoffe, mehr und vor allem schneller. Gemeinsam mit Israel soll Österreich in die Produktion einsteigen. In den Bundesländern wird derweil sehr unterschiedlich geimpft.
Sebastian Kurz will und wird sich nicht mehr auf die EU verlassen und seinen Impfstoff künftig woanders beschaffen oder – im Idealfall – selbst produzieren. Österreich sucht dazu die Kooperation mit Israel und Dänemark, kündigte Kurz vor seiner Reise am Mittwoch nach Israel an. Gemeinsam mit Israel sollen in den kommenden Jahren Impfdosen der zweiten Generation für weitere Mutationen des Coronavirus produziert werden.
Im vergangenen Jahr hatte sich Israel von Österreich eine Abfuhr geholt. „Wir dachten, es gibt keine andere Option“, erklärte Kanzler Kurz Anfang Jänner zum gemeinsamen Einkauf der Corona-Impfstoffe, der über die EU-Kommission organisiert wurde. Im Frühjahr 2020 war Kurz noch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in Kontakt, um einen gemeinsamen Impfstoff-Einkauf zu organisieren. Kurz hatte damals ganz auf die First-Movers-Gruppe gesetzt, der auch Tschechien, Australien, Neuseeland, Dänemark, Griechenland und Norwegen angehören.
Keine separaten Verträge
Dann kam der Vorschlag der EUKommission, den Einkauf von Impfstoffen für alle Mitgliedsstaaten zentral zu organisieren. Österreich wollte und konnte sich dem nicht entziehen, wie Kurz erläutert. Es wäre politisch nicht möglich gewesen, wenn sich nur Österreich diesem gemeinsamen Vorhaben entzogen hätte und auch staatspolitisch nicht schlau. Also gab es eine Absage an Israel und Österreich verpflichtete sich um Juni 2020, die Impfstoffbeschaffung der EU-Kommission zu überlassen. Ein entsprechendes Dokument wurde am 29. Juni unterzeichnet, darin verpflichteten sich die EU-Mitgliedsstaaten auch, keine separaten Verträge mit den betroffenen Firmen mehr abzuschließen. Im November wurden schließlich Lieferverträge erst mit Pfizer, dann mit Moderna abgeschlossen.
Mittlerweile hat Österreich insgesamt 30,5 Millionen Impfstoffdosen bestellt. Im Detail sind das:
11,1 Mio. von Biontech/Pfizer 5,9 Mio. von Astra Zeneca
4,7 Mio. von Moderna
3,0 Mio. von Curevac
2,5 Mio. von Johnson&Johnson 1,9 Mio. von Novavax
1,2 Mio. von Valneva 200.000 von Sanofi
Allerdings ist nur ein Teil davon auch konkret eingeplant und budgetiert. Aktuell verimpft werden Mittel von Moderna, Biontech/Pfizer und Astra Zeneca, alle anderen sind in der EU noch nicht zugelassen oder geliefert worden. Ab dem dritten Quartal sollten auch andere Anbieter in Österreich verfügbar sein. Aktuell bemüht sich Österreich auch um den russischen Impfstoff
Sputnik-V. Der russische Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski, war am Montag im Bundeskanzleramt, um über etwaige Lieferungen sowie eine etwaige Produktion in Österreich zu sprechen.
Laut Gesundheitsministerium haben in Österreich zu Wochenbeginn 420.000 Menschen eine erste Dosis erhalten, das sind etwas mehr als fünf Prozent der impfbaren Bevölkerung.
230.000 Menschen wurden bereits zweimal geimpft und verfügen damit über einen vollständigen Impfschutz.
Ein Blick in die Bundesländer zeigt, dass mit den gelieferten Impfdosen höchst unterschiedlich umgegangen wird. Aus aktuellen Daten des Gesundheitsministeriums ist ersichtlich, welches Land wie viel Dosen erhalten und verimpft hat. Dabei zeigt sich, dass Kärnten von allen Ländern seine Bestände am schnellsten verimpft. Nur neun Prozent der bestellten Menge sind im Lager, alles andere ist verwendet worden. Am meisten haben Salzburg (24 Prozent) und Wien (22 Prozent) eingelagert. Österreichweit wurden 824.000 Dosen ausgeliefert, davon wurden 684.000 verimpft. 140.000 Dosen liegen in diversen Lagern, das entspricht 17 Prozent.
Weitere 30 Millionen
In Israel will Kurz vor allem über eine gemeinsame Produktion von Impfstoffen reden. Der Kanzler geht von einem Bedarf von weiteren 30 Millionen Dosen aus, die einmal jährlich an etwa sechs Millionen Menschen verimpft werden.
Israel steht, was das Impfen anbelangt, vorbildlich da, das liegt auch an einem sehr vorteilhaften Deal mit Pfizer. Einen solchen Dealhätte Österreich aber so wohl nicht bekommen. Und zwar auch dann nicht, wenn die Regierung Kurz den Weg der vereinten EU-Beschaffung verlassen hätte.
Einerseits liegt das daran, dass sich Israel verpflichtete, Pfizer großzügiges Datenmaterial über Geimpfte und deren Nebenwirkungen zu übermitteln, im Falle Österreichs wäre das wohl an den höheren Datenschutzstandards gescheitert. Zudem hatte Pfizer ein hohes Interesse daran, Israel als Testlabor für den globalen Markt zu verwenden.
Im Kanzleramt in Wien kam am Dienstagabend eine Gruppe an Experten zusammen, um über eine Produktion von Impfstoffen, vor allem aber über eine verstärkte Forschung für Medikamente zu reden.