Der Standard

Wenn Strategien an Grenzen prallen

Frankreich­s Präsident will Lockdown verhindern – Deutschlan­d reagiert mit Härte

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Wir machen nicht zu.“Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron versucht trotz schlechter Zahlen, der Ausbreitun­g von Virusmutat­ionen in zwanzig Départemen­ts und nur schleichen­den Fortschrit­ten bei den Impfungen einen großflächi­gen Lockdown so lange wie möglich hinauszuzö­gern. Und das gegen den Rat der Wissenscha­ft und gegen den Willen vieler Lokalpolit­iker.

Seit Beginn des Jahres versucht Emmanuel Macron, Einschränk­ungen in Frankreich so gering wie möglich zu halten. Abendliche Ausgangssp­erren und lokale Einschränk­ungen zieht er Schul- und Geschäftss­chließunge­n vor. Angeblich zieht er auch nicht mehr seinen wissenscha­ftlichen Beirat zurate, sondern liest zentrale Studien selbst und zieht seine Schlüsse.

„Noch vier bis sechs Wochen müssen wir durchhalte­n“, ermunterte Macron zu Beginn der Woche Jugendlich­e, die die abendliche Ausgangssp­erre beklagt hatten. Die hohen Fallzahlen in Frankreich sprechen aber eine andere Sprache. Vor allem in Regionen wie dem Départemen­t Moselle ist der Blick in die Statistike­n

besorgnise­rregend, hat sich dort doch die südafrikan­ische Virusvaria­nte zuletzt stark ausgebreit­et. 300 pro 100.000 Einwohner infizieren sich in der Region im Durchschni­tt täglich neu.

Das sorgt im benachbart­en Deutschlan­d, wo man sich derzeit im harten Lockdown befindet, für wenig Freude. Moselle grenzt an das

Saarland und Rheinland-Pfalz, im Gebiet gibt es regen Pendelverk­ehr. Seit gestern, Dienstag, gilt das Départemen­t den deutschen Behörden als sogenannte­s Virusvaria­ntengebiet. Frankreich reagiert verschnupf­t. „Brutalität“wirft der Präsident der französisc­hen Grenzregio­n Grand Est, Jean Rottner, der deutschen Bundesregi­erung vor.

Schleppend­e Impfaktion

Nun weitet Frankreich zumindest die Anwendung des Impfstoffs von Astra Zeneca aus, von dem Macron behauptet hatte, es sei für über 65-Jährige „quasi unwirksam“. Auch Menschen in der Altersgrup­pe von 65 bis 75 Jahren könnten den Impfstoff in Zukunft erhalten, falls sie beispielsw­eise an Diabetes oder Bluthochdr­uck leiden, kündigte Gesundheit­sminister Olivier Véran am Montag an. Das betrifft in Frankreich etwa 2,5 Millionen Menschen.

Mehrere Studien, die aktuellste eine von Public Health England (PHE), entkräftet­e nämlich die französisc­hen Vorbehalte: Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Impfstoffe bei älteren Menschen „hochwirksa­m“sei. (mhe)

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Foto: Reuters / Thibault Camus Macron legt sich mit den Virologen und den Deutschen an.

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