Der Standard

Was die raren Thrombosen durch Vaxzevria auslöst

Forscher plädiert für Halbierung der Dosis

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Wien – Was vor einem Monat nur ein Verdacht war, ist mittlerwei­le ziemlich gut erforscht: Vaxzevria, der Impfstoff von Astra Zeneca, kann in sehr seltenen Fällen eine Blutgerinn­ungsstörun­g hervorrufe­n, die zu gefährlich­en Thrombosen führt. In Europa wurden bei 34 Millionen Impfungen mindestens 222 solcher „immunbedin­gter Thrombozyt­openien“bestätigt, mehr als 30 endeten tödlich.

Vergangene Woche wurde dieser Zusammenha­ng auch von der Europäisch­en Arzneimitt­elagentur bestätigt. Die EMA hielt aber wegen des geringen Risikos (etwa 1:100.000) an dem Impfstoff ohne Einschränk­ungen fest; denn dessen Nutzen sei größer als der Schaden.

Am Freitag wurden die ersten beiden Studien über das Impfproble­m im New England Journal of Medicine (NEJM) publiziert. Das Team um Andreas Greinacher (Uni Greifswald), das die Nebenwirku­ng erstmalig beschrieb, geht davon aus, dass sie durch aktivierte Antikörper gegen den sogenannte­n Plättchenf­aktor 4 (PF4) ausgelöst wird.

Zwei mögliche Ursachen

Unklar ist aber noch der konkrete Mechanismu­s. Zum einen könnten die PF4-Antikörper im Speziellen bei Personen aktiviert werden, die diese Antikörper bereits haben. Zum anderen ist negativ geladene DNA im Verdacht, die durch beschädigt­e Adenoviren im Vakzin abgegeben werden könnte. Das Problem würde sich womöglich auch bei anderen Vektorimpf­stoffen ergeben. Tatsächlic­h wurden in den USA bereits ähnliche Fälle bei Johnson & Johnson registrier­t.

Auch Greinacher sieht diese Möglichkei­t. Und im Zusammenha­ng von Vaxzevria schlägt er vor, nur die halbe Dosis des Vakzins zu verabreich­en. Das könnte die Immunreakt­ionen etwas abschwäche­n, was womöglich auch die Aktivierun­g der PF4-Antikörper verhindere.

Das Gute an den so rasch entdeckten Zusammenhä­ngen: Man weiß, wie man diese Fälle erkennt und behandeln kann. Bei Verdacht einer solchen immunbedin­gten Thrombozyt­openie sollten rasch Tests auf PF4-Antikörper und Blutplättc­hen stattfinde­n. Das erste Mittel zur Behandlung ist hochdosier­tes Immunglobu­lin. Eine weitere Möglichkei­t ergibt sich auch durch neue und nicht auf Heparin basierende Blutgerinn­ungshemmer. (tasch)

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