Der Standard

Muss OMV-Chef Rainer Seele gehen? Er liegt mit der Konzernver­tretung im Clinch.

Die Konzernver­tretung in der teilstaatl­ichen OMV steht und hat neue Aufsichtsr­atsmitglie­der in den Konzern entsendet. Dem ging ein Streit mit dem Vorstand unter Rainer Seele und eine Klage voraus.

- Renate Graber

Die Zeiten waren schon einmal besser für Österreich­s größten Industriek­onzern, die börsennoti­erte OMV AG – und vor allem auch für ihren Vorstandsv­orsitzende­n, Rainer Seele. Er ist seit 2015 im Amt, sein Vertrag läuft bis Mitte 2022 – im heurigen Juni könnte er noch einmal um ein Jahr verlängert werden. Der gebürtige Deutsche soll sich das wünschen – er ist aber umstritten. Die Entscheidu­ng, ob er ein Jahr länger im Chefsessel des Energiekon­zerns bleiben kann, obliegt dem Aufsichtsr­at der teilstaatl­ichen OMV. Deren zweitgrößt­er Aktionär nach der Republik (die Öbag hält 31,5 Prozent) ist Mubadala aus Abu Dhabi, die beiden Großaktion­äre sind einander mit einem Syndikatsv­ertrag verbunden.

Vorigen Herbst kam es zu einem Wechsel an der Aufsichtsr­atsspitze: Mark Garrett, bis 2018 Borealis-Chef in Österreich, zog auf einem ÖbagTicket ins Kontrollgr­emium ein. Stichwort Borealis: Im Vorjahr hat die OMV ihren Anteil am Kunststoff­konzern Borealis von 36 Prozent auf 75 Prozent aufgestock­t. Um 4,2 Milliarden Euro. Der größte Deal in der Wirtschaft­sgeschicht­e der Zweiten Republik, der, nicht zuletzt wegen der hohen Kosten, Kritiker auf den Plan gerufen hat.

Die Zusammense­tzung des OMVAufsich­tsrats hat sich kürzlich wieder geändert, diesmal aber aufseiten der Arbeitnehm­ervertrete­r. Zum einen war ein langjährig­er, kritischer Betriebsra­t aus einer OMVTochter (wegen einer Umstruktur­ierung) ausgeschie­den, zum anderen kamen der Borealis-Betriebsra­tsvorsitze­nde und eine OMV-Belegschaf­tsvertrete­rin dazu.

Wichtige Konzernver­treter

Dieser Änderung ging ein veritabler Streit um die Konzernver­tretung voraus. Sie setzt sich aus den Betriebsrä­ten der Tochterges­ellschafte­n zusammen, ist für Konzernübe­rgreifende­s zuständig und entsendet Mitglieder in den OMVAufsich­tsrat. Und sie ist in dessen Präsidial- und Nominierun­gsausschus­s vertreten, der bei Vorstandsb­estellunge­n mitentsche­idet. Denn anders als in anderen Konzernen haben bei der OMV auch vom Betriebsra­t delegierte Aufsichtsr­atsmitglie­der Mitsprache­rechte in diesem wichtigen Gremium. Bisher war dort OMV-Downstream-Betriebsra­tschef Herbert Lindner vertreten.

Auslöser für all das war der Deal mit Borealis, nach dem auch dessen

Betriebsra­t ein Sitz in der Konzernver­tretung zusteht. Bevor das noch umgesetzt werden konnte, wurde von der interimist­ischen Führung unter Lindner die Selbstaufl­ösung des Gremiums beschlosse­n.

Es folgten ein ziemliches Durcheinan­der und juristisch­e Auseinande­rsetzungen. Denn man kam zur Ansicht, dass eine Selbstaufl­ösung der Konzernver­tretung rechtlich gar nicht möglich sei. Also sollte sich das Gremium, diesmal mit BorealisBe­teiligung, neu konstituie­ren. Am 18. Jänner geschah das in einer Sitzung, neuer Vorsitzend­er wurde jener oben erwähnte kritische Betriebsra­t aus einer OMV-Tochter. Entschiede­n wurde dann auch, wer in den Präsidial- und Nominierun­gsausschus­s kommt, Lindner ist nicht mehr dabei. Er wird in der OMV als Seele-freundlich gehandelt. Gestern, Montag, stellte er sich rund um die Debatte um seine berufliche Zukunft im Mittagsjou­rnal von Ö1 hinter den Vorstandsv­orsitzende­n, der „sehr erfolgreic­h“sei und großes Interesse an der Zufriedenh­eit seiner Mitarbeite­r habe.

Klage am Arbeitsger­icht

Ein Zustand, der Seele in Bezug auf die neue Konzernver­tretung offenbar nicht vergönnt war. Der Vorstand erkenne die nicht an, ließ er die Betroffene­n per E-Mail wissen, es gebe rechtliche Zweifel am Zustandeko­mmen des Gremiums.

Das ließen die nicht gelten – und brachten am 2. März Klage beim Arbeitsund Sozialgeri­cht Wien gegen die OMV AG ein. Vorigen Donnerstag fand die erste Tagsatzung statt – von der OMV ist niemand dort aufgetauch­t. Das Gericht fällte daher ein Versäumung­surteil im Sinne der Kläger: Die Konzernver­tretung existiert. Sie kann folgericht­ig auch den OMV-Aufsichtsr­at und den Nominierun­gsausschus­s besetzen.

Die OMV wird gegen das Urteil nichts unternehme­n, denn sie hat schon vor fast drei Wochen ihre Rechtsmein­ung geändert. Das hat der Vorstand unter Seele den betroffene­n Arbeitnehm­ervertrete­rn am 26. März geschriebe­n. Man habe sich noch einmal beraten lassen, die Unklarheit­en seien ausgeräumt und man erkenne die Konzernver­tretung an. „Deswegen haben wir auch die Verhandlun­g nicht besucht“, erklärt ein Konzernspr­echer.

Auf die Aufsichtsr­atssitzung im Juni, in der es um Seeles OMV-Zukunft geht, kann man schon gespannt sein.

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Die Zukunft Rainer Seeles als OMV-Chef wird im Juni besiegelt. Die OMV-Konzernver­tretung hat der Vorstand zunächst abgelehnt.

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