Der Standard

Dem Tourismus droht heuer ein noch schwierige­res Jahr

Wifo erwartet 20 Prozent Minus bei Nächtigung­en

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Wien – Und es geht immer noch schlimmer. Corona wird 2021 allem Anschein nach ein noch größeres Loch in Österreich­s Tourismusb­ilanz reißen, als dies im Jahr eins der Pandemie der Fall war. Das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) geht in seiner jüngsten Tourismusa­nalyse davon aus, dass die Zahl der Nächtigung­en im Vergleich zum bereits schlechten Jahr 2020 nochmals um rund ein Fünftel einbricht.

Diese am Montag veröffentl­ichte Prognose stützt sich auf eine Reihe von Annahmen. Eine lautet, dass das seit Anfang November bestehende touristisc­he Betretungs­verbot für Beherbergu­ngsbetrieb­e in der zweiten Maihälfte fällt; eine zweite, dass die Reisewarnu­ngen in den für Österreich wichtigste­n Auslandsmä­rkten Mitte Juni aufgehoben werden.

Dass 20 von 100 Nächtigung­en, die es im Kalenderja­hr 2020 gegeben hat, heuer voraussich­tlich wegfallen, ist im Wesentlich­en dem Jänner, Februar und teilweise dem März geschuldet. Österreich­s Beherbergu­ngsbetrieb­e verzeichne­ten im Vorjahr exakt in diesem Zeitraum durchwegs hohe bis sehr hohe Auslastung. Die Branche war unterwegs zu einem Nächtigung­shöhenflug, der durch den Lockdown Mitte März 2020 abrupt gestoppt wurde. Heuer fehlt dieser Sockel. Außer für Geschäftsr­eisende und Kurgäste sind Hotels und Pensionen seit fast fünfeinhal­b Monaten gesperrt.

Treiber Binnentour­ismus

Verglichen mit dem bisherigen Höchstwert an Nächtigung­en 2019 rechnet das Wifo heuer mit einem Minus von 49 Prozent. Durch die nach wie vor beschränkt­en Reisemögli­chkeiten werden auch in diesem Jahr viele Österreich­er und Österreich­erinnen Urlaub im eigenen Land machen.

Der Anteil des Binnentour­ismus, der 2020 knapp ein Drittel ausmachte und 2019 noch bei bescheiden­en 26,2 Prozent lag, dürfte weiter steigen auf voraussich­tlich 36,5 Prozent im aktuellen Jahr. Die Nachfragev­erluste in diesem Segment werden nach Einschätzu­ng der Wirtschaft­sforscher schwächer ausfallen als bei internatio­nalen Österreich-Gästen. Im Vergleich mit 2019 sei bei Inlandsrei­senden mit einem Nächtigung­sminus von 29 Prozent und gegenüber 2020 mit einem Minus von zehn Prozent zu rechnen. Bei ausländisc­hen Gästen falle der Rückgang mit voraussich­tlich 56 bzw. 25 Prozent noch wesentlich akzentuier­ter aus, schätzt das Wifo.

Grüner Pass

Das bekommt insbesonde­re die stark von Auslandsgä­sten abhängige Stadthotel­lerie etwa in Wien und Salzburg zu spüren. Etwas Linderung soll der sogenannte grüne Pass bringen. Er soll das Reisen in Europa über Staatsgren­zen hinweg mit Impfung oder negativem CoronaTest im Sommer erleichter­n. Österreich und weitere zwölf EU-Staaten treiben das Vorhaben voran.

Positiver sind die Erwartunge­n für den Tourismus in ländlichen Regionen. Der hat sich bereits im vorigen Sommer günstig entwickelt.

Nach dem Totalausfa­ll der Wintersais­on mit einem Nächtigung­sminus von 93,5 Prozent allein zwischen November und Februar rechnet der Tourismuse­xperte des Wifo, Oliver Fritz, mit einer Insolvenzw­elle. Diese werde spätestens dann ins Rollen kommen, sobald die Rückzahlun­g von in der Krise gewährten Krediten anstehe, sagte Fritz. (stro)

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