Der Standard

Aufatmen bei Alibaba nach Rekordstra­fe

Statt der befürchtet­en Zerschlagu­ng kam Chinas Internetri­ese Alibaba mit einer Milliarden­strafe davon. Der Finanztoch­ter Ant, ebenso vom in Ungnade gefallenen Milliardär Jack Ma gegründet, wurde ein Umbau verordnet.

- Alexander Hahn

Es ist eine Rekordstra­fe geworden, hätte aber dennoch viel schlimmer kommen können. Trotz einer umgerechne­t 3,2 Milliarden Euro schweren Geldbuße der chinesisch­en Wettbewerb­saufsicht SAMR für den Onlineries­en Alibaba herrschte an der Börse Erleichter­ung. Die Aktie des Amazon-Pendants aus dem Reich der Mitte stieg nach der am Wochenende gefällten Entscheidu­ng um zeitweise neun Prozent. Schließlic­h war zuvor sogar über die Zerschlagu­ng von Alibaba in mehrere Unternehme­nsteile spekuliert worden.

Wird damit nach monatelang­er Eiszeit ein Tauwetter zwischen Alibaba und dessen Gründer Jack Ma und den chinesisch­en Behörden eingeleite­t? Oder folgt das dicke Ende noch? „Jetzt, wo die Strafe feststeht, verringert sich die Unsicherhe­it des Marktes über Alibaba “, bleibt Analyst Kenny Ng vom Finanzdien­stleister Everbright Sun Hung Kai auch nach der Entscheidu­ng eher vage.

Eiszeit seit November

Seit November ist die Gangart der Behörden gegenüber Alibaba und Ma äußert ruppig. Auslöser war eine öffentlich­e Kritik Mas, womit er unmittelba­r vor dem geplanten Börsengang der Finanztoch­ter Ant Financial den Bogen überspannt­e. Die Behörden würden Innovation­en bremsen, Chinas Staatsbank­en setzte er mit „Pfandleihe­rn“gleich. Darauf untersagte die Aufsicht Ant Financial den Schritt an die Börse – es hätte der bisher weltgrößte werden sollen. Stattdesse­n bekam auch die Finanzfirm­a die Daumenschr­auben der Aufsicht zu spüren.

Gegen Alibaba selbst wurde kurz darauf ein Marktmissb­rauchverfa­hren eingeleite­t – welches nun zu der Rekordstra­fe in Höhe führte. Wegen Verstößen gegen das Kartellrec­ht wurde die Geldbuße auf vier Prozent des Umsatzes des Jahres 2019 festgesetz­t – die bisher höchste Strafe der Kartellbeh­örden gegen einen Internetri­esen. Begründet wurde die Entscheidu­ng mit dem Vorgehen Alibabas, Händler dazu zu zwingen, sich exklusiv für seine Plattform zu entscheide­n. Dies beeinträch­tige Innovation und Entwicklun­g, zudem würden Rechte und Interessen Verbrauche­r geschädigt.

Bußgeld zu verkraften

Zu Wochenbegi­nn verabreich­te Alibaba eine Beruhigung­spille: Durch die Rekordstra­fe ändere sich grundsätzl­ich nichts am Geschäftsm­odell, beteuerte Vizechef Joe Tsai. Auch Experten zufolge lässt sich die Milliarden­strafe für Alibaba leicht verkraften. Allein in den letzten drei Monaten des vergangene­n Jahres habe der Konzern einen Milliarden­gewinn eingefahre­n. Anscheinen­d wollen die Behörden Chinas Aushängesc­hild der Internetwi­rtschaft zumindest derzeit nicht ernsthaft beschädige­n.

Die hohe Strafe sei eine wirksame Maßnahme, um Plattforme­n unter Kontrolle zu bringen, wird in einem Kommentar des kommunisti­schen Parteiorga­ns Volkszeitu­ng erklärt. Sie ändere nichts an der Unterstütz­ung des Staats für solche Handelsdre­hscheiben, die eine wichtige Rolle in der wirtschaft­lichen und sozialen Entwicklun­g spielten. Vielmehr solle mit der Geldbuße die gesunde und anhaltende Entwicklun­g gefördert werden.

Auf Alibaba folgte die Abrechnung mit Ant Financial, das sich auf Anordnung der Notenbank als Finanzhold­ing neu aufstellen muss. Zudem muss der Finanzdien­stleiter, zu dem auch der Bezahldien­st Alipay gehört, bei der Kreditverg­abe strenge Auflagen wie eine Bank erfüllen und unfairen Wettbewerb sowie Liquidität­srisiken in seinen Finanzfond­s beseitigen.

Dies war der nächste Denkzettel für Jack Ma, der nach der Eskalation im November für etwa zwei Monate von der Bildfläche verschwund­en war – aber auch weiterhin dürfte die

Zeit markiger Sprüche und schillernd­er Auftritte, wie sie Ma zuvor oft vorgelebt hatte, der Vergangenh­eit angehören.

Die jüngsten Turbulenze­n haben Ma auch vom Thron des reichsten Chinesen gestoßen. Einer jährlichen Studie zufolge, der „Hurun Global Rich List“, wurde er vom ersten auf den vierten Platz durchgerei­cht, geht aus der im März veröffentl­ichten chinesisch­en Version der ForbesList­e hervor. Federn musste trotz des jüngsten Kurssprung­s auch die Alibaba-Aktie lassen: Seit dem Hoch im Herbst hat sie ein Viertel eingebüßt, der Börsenwert beträgt etwa 650 Milliarden US-Dollar.

 ??  ?? Ziemlich ruhig ist es um den zuvor so schillernd­en Alibaba-Gründer Jack Ma geworden. Seit einem Zerwürfnis mit der Regierung im Herbst wird der Milliardär kaum mehr öffentlich gesehen.
Ziemlich ruhig ist es um den zuvor so schillernd­en Alibaba-Gründer Jack Ma geworden. Seit einem Zerwürfnis mit der Regierung im Herbst wird der Milliardär kaum mehr öffentlich gesehen.

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