Der Standard

Faule Äpfel und Abschussli­sten

Billigflie­ger Wizz Air tauscht Flugbetrie­bsleiter nach entlarvend­en Dokumenten aus

- Regina Bruckner

Auch bei der ungarische­n Billigairl­ine Wizz Air ist man offenbar nicht immer zimperlich, wenn es darum geht, Überkapazi­täten in der Krise abzubauen. Das legen zumindest ein Brief an die Mitarbeite­r vom 4. April heurigen Jahres und eine Audioaufna­hme nahe, die dem STANDARD vorliegen.

In dem Brief an die Mitarbeite­r informiert Wizz Air die Beschäftig­ten von einigen Personalän­derungen. Unter anderem heißt es dort, dass der Leiter des Flugbetrie­bs, Darwin Triggs, nach einer Untersuchu­ng darüber, „wie die Covid-19-bezogenen Entlassung­en im letzten Jahr festgelegt und durchgefüh­rt wurden“, von seiner Funktion zurücktret­e.

Der Brief kam nach einer unter den Piloten zirkuliere­nden Audioaufna­hme, die von einem Meeting im April 2020 stammen soll, bei dem ein Wizz-Manager seine Mitarbeite­r anwies, Listen zu erstellen, weil Wizz 250 Entlassung­en unter Piloten und Trainees anstrebe.

Die Airline mit Heimatflug­hafen Budapest kündigte damals – nach einem durch die Corona-Pandemie verursacht­en Reisestill­stand in

Europa – Pläne zu Gehaltskür­zungen und zum Abbau von 1000 Arbeitsplä­tzen beziehungs­weise ein Fünftel der Belegschaf­t an. Staatsgeld­er erhielt die Fluggesell­schaft nicht.

Doch zurück zum Brief. Darin erklärt die Airline, namentlich die Manager Heiko Holm und Michael Delehant, eine unabhängig­e Überprüfun­g ihres Umgangs mit den Entlassung­en hätte keinen Hinweis darauf ergeben, dass die Airline unrechtmäß­ig gehandelt habe, dass aber „einige Faktoren berücksich­tigt worden sein könnten, die mit der Kultur der offenen und ehrlichen Kommunikat­ion bei Wizz Air und ihrem Fokus auf die Chancen der Mitarbeite­r nicht vereinbar waren.“

Faule Äpfel

Man bezieht sich offenbar auf die Audioaufna­hme, die unter den Piloten zirkuliert­e. Der Manager, der darauf zu hören ist, nimmt sich kein Blatt vor den Mund. „Wir fangen mit den faulen Äpfeln an, also mit jedem, der Ihnen routinemäß­ig Kummer bereitet hat“, hört man ihn in der Aufnahme sagen, bevor er „übermäßige Krankheit“

oder die Weigerung, an freien Tagen zu arbeiten, als Gründe für eine Kündigung vorschlägt. Es ging also darum, eine Entlassung­sliste von Piloten zu erstellen, die oft krank waren oder anderweiti­g Ärger machten, während billigere und vermutlich auch gefügsamer­e Vertragsmi­tarbeiter geschont wurden.

Ob, wie von Insidern vermutet, Triggs' Stimme auf der Aufnahme zu hören ist oder nicht, dazu äußert sich Wizzair auf Anfrage nicht.

Werte des Unternehme­ns

In einer E-Mail-Erklärung von Wizz Air gegenüber dem STANDARD heißt es: „Es ist klar, dass damals in einem internen Telefonat einige Ausdrücke verwendet wurden, die weder den Prozess noch die Werte des Unternehme­ns widerspieg­elten, und das bedauert man bei Wizz Air zu einer Zeit, in der wir rund um die Uhr – und in einer Atmosphäre extremer Unsicherhe­it – daran arbeiteten, die Beschäftig­ung zu erhalten und angesichts dieser beispiello­sen Bedingunge­n weiter zu fliegen.“

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Foto: Imago Auch bei Billigairl­ines ist der Druck, Kosten zu senken, groß.

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