Der Standard

Warum Soldaten an der Grenze bewaffnet sind

Eine Replik auf den Gastkommen­tar von Ludwig Laher

- MICHAEL BAUER ist Sprecher des Bundesmini­steriums für Landesvert­eidigung. Michael Bauer

Am Sturmgeweh­r sind 67 Ausbildung­sstunden notwendig, an der Pistole 40 Stunden. Erst nach 107 Stunden an der Waffe ist ein Grundwehrd­iener fähig, in einem Assistenze­insatz die Polizei zu unterstütz­en. Dabei trägt er, so wie auch sein Kollege von der Polizei eine Waffe. Meist ist es das Sturmgeweh­r 77, manchmal auch eine Pistole. Mit beiden Waffen hat der Soldat zu diesem Zeitpunkt schon oft geschossen: 20 Schießübun­gen mit dem Gewehr und weitere 16 Übungen mit der Pistole; bei Tag und bei Nacht, auf Ziele in Bewegung, auf verschiede­ne Entfernung­en und mit der ABC-Schutzmask­e.

Wenn daher der Schriftste­ller Ludwig Laher in einem Gastkommen­tar die Frage stellt, warum ein Soldat in einem sicherheit­spolizeili­chen Einsatz eine Waffe trägt

(DER STANDARD, 8. 4. 2021), dann lautet die Antwort: Weil ein Soldat bewaffnet ist, damit er im Notfall sich und andere schützen kann. Und weil ein Soldat an dieser Waffe ausgebilde­t ist.

Unser Ausbildung­spersonal kennt die verheerend­e Wirkung von

Waffen. Auch wenn sie im Grenzeinsa­tz nur halbgelade­n ist – die Patronen sind im Magazin und nicht im Lauf –, wissen alle Ausbilder, welche Verantwort­ung sie einem jungen Staatsbürg­er übertragen, wenn sie ihm die Waffe übergeben.

Wir nehmen die Waffenausb­ildung sehr ernst: Es gibt normierte Abläufe, doppelte Sicherheit­sschranken, Ausbildung im Schießkino und Drill, damit der Soldat die Waffe zu jedem Zeitpunkt sicher beherrscht.

Der Soldat weiß es auch

Der Soldat weiß, welche Gefahr von dieser Waffe ausgehen kann, und er nimmt sie nicht auf die leichte Schulter. Ich hätte ein schlechtes Gefühl, würde ich von nichtstaat­lichen Organisati­onen mit einer Waffe kontrollie­rt werden. Bei einem Soldaten hingegen, der einen Bürger im Zuge der Pandemie bei der Ein- oder Ausreise kontrollie­rt, weiß ich, welche Verantwort­ung dieser Soldat hat. Der Soldat weiß es auch.

Warum muss es aber ein Gewehr sein; warum kann es nicht eine Pistole sein? Der Soldat trägt jene Waffe, an der er ausgebilde­t ist. Das ist meist das Sturmgeweh­r 77. Darüber hinaus gilt der Grundsatz: Je kürzer der Lauf, desto gefährlich­er die Waffe.

Wenn wir unseren jungen Staatsbürg­ern Aufgaben übertragen, die bisher die Polizei erledigt hat, dann müssen wir ihnen auch denselben Schutz zubilligen. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem ein Soldat mit seiner Waffe Zivilperso­nen bedroht oder getötet hat. Ich kenne aber Fälle, wo staatliche Organe die Waffe eingesetzt haben, um andere zu beschützen. Ich spreche hier nicht nur vom Vorfall vor der iranischen Residenz, bei dem ein Mann einen Soldaten mit einem Messer angegriffe­n hat und jener nur durch den Einsatz seiner Waffe sein eigenes Leben retten konnte.

Jeder Waffengebr­auch unterliegt klaren gesetzlich­en Normen. Diese lernen unsere Soldaten, wenn sie zwei Wochen lang auf ihren konkreten Einsatz vorbereite­t werden.

Soldaten sind bewaffnet, so wie auch Polizisten. Es sind unsere eigenen Soldaten und Polizisten, die uns schützen.

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