Der Standard

Nicht jede Besetzung ist böse

- Gerald John

Wenn schon die eigene Partei im Shitstorm steht, soll wenigstens auch dem Koalitions­partner der Dreck um die Ohren fliegen: Das wird sich der ÖVP-Abgeordnet­e Andreas Hanger gedacht haben, als er Vizekanzle­r Werner Kogler in Opposition­smanier attackiert­e. Vielleicht geht die Botschaft bei der Wählerscha­ft ja auch rein: Egal ob Türkis oder Grün – Postenverg­aben laufen überall gleich.

Doch das tun sie eben nicht. Im von Hanger angeprange­rten Fall Josef Meichenits­ch hat Kogler das getan, was ihm laut Gesetz zusteht: Als Eigentümer­vertreter hat er eine Person, der er vertraut, in den Aufsichtsr­at einer staatliche­n Gesellscha­ft geschickt. Das ist sinnvoll – denn wie soll der Staat sonst die Kontrolle wahrnehmen? Ja, Meichenits­ch ist ein Grüner. Aber nichts deutet darauf hin, dass ihm die Qualifikat­ion fehlt.

Ganz anders die Öbag-Affäre. ÖVP-Strippenzi­eher Thomas Schmid hat einen Vorstandsp­osten ergattert, den der Aufsichtsr­at nach einer objektiven Ausschreib­ung zu besetzen hat. Doch die Indizien legen nahe, dass die Entscheidu­ng de facto in einer politische­n Mauschelei fiel, die das offizielle Verfahren zur Farce machte. Resultat war eine von und auf Schmid maßgeschne­iderte Ausschreib­ung, aus der Qualifikat­ionshürden – internatio­nale Erfahrung – vorsorglic­h getilgt waren.

Und dann liegt da noch ein kleiner Unterschie­d in der Dimension: Der grüne Meichenits­ch bekommt 7000 Euro im Jahr – der türkise Schmid zumindest das 57-Fache.

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