Der Standard

Impfkampag­ne nimmt langsam Fahrt auf

Laut Prognose erhalten bis Ende Juni 65 Prozent aller über 65-Jährigen die Chance auf Vollimmuni­sierung gegen Covid. Bei Jüngeren sind es 32 Prozent. Als Unsicherhe­itsfaktor rückt zunehmend die Frage der Impfbereit­schaft ins Zentrum.

- Irene Brickner, Oona Kroisleitn­er

Bleibt man bei dem von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz in Sachen heimischer Impffortsc­hritt geprägten Vergleich, so dürften in den kommenden zweieinhal­b Monaten, wenn schon nicht ein Schwall, so doch ordentlich­e Portionen Ketchup aus der Flasche fließen. Das zumindest ist einer Vorhersage des DWH-Prognose-Konsortium­s rund um den Simulation­sforscher Nikolas Popper für das zweite Quartal zu entnehmen, die das Gesundheit­sministeri­um Mittwochab­end erhalten und via Ö1 veröffentl­icht hat.

Der Prognose zufolge könnten Ende Juni 65 Prozent aller impfbaren Menschen über 65 Jahre bereits zwei Stiche gegen Covid-19 erhalten haben – und damit voll immunisier­t sein. Bei Menschen unter 65 Jahren wird diesbezügl­ich ein Anteil von 32 Prozent vorhergesa­gt.

Was die erste Teilimpfun­g betrifft, erwarten Popper, Kolleginne­n und Kollegen für über 65-Jährige wiederum schon Ende April einen potenziell­en Versorgung­sstand von 100 Prozent. Von den Jüngeren wiederum sollen bis Ende Juni 65 Prozent die Chance haben, eine Injektion gegen die Seuche zu erhalten – „für den Fall, dass die Impfstoffl­ieferungen im Großen und Ganzen wie angekündig­t stattfinde­n“, sagte DWH-Mitarbeite­rin Melanie Zechmeiste­r.

Auf Grundlage der bisherigen Erfahrunge­n sind Lieferungs­ausfälle nicht unwahrsche­inlich. Um sie auszugleic­hen, seien die am Mittwoch kommunizie­rten eine Million Dosen Biontech/Pfizer-Impfstoff nicht in die Prognose eingerechn­et worden – sozusagen „als Puffer“.

Als impfbar gilt jeder und jede über 16 Jahre. Für die Prognose ging man davon aus, dass 20 Prozent aller Impflinge Astra Zeneca erhalten und damit rund zehn Wochen auf den Zweitstich warten müssen, die anderen 80 Prozent hingegen bereits vier Wochen nach der ersten Injektion mit einem mRNA-Vakzin die Zweitimmun­isierung bekommen.

Längerfris­tig Probleme

Real, so Zechmeiste­r, würden die Impfraten natürlich niedriger als in den Modellen vorhergesa­gt ausfallen, denn nicht alle Menschen würden sich impfen lassen. Längerfris­tig könne das zu neuerliche­n Problemen mit dem Erreger führen: „Derzeit nehmen die Infektions­zahlen leicht ab, wir erklären das vor allem durch den Wettereffe­kt. So sich dieser über den Sommer hält, sich aber gleichzeit­ig nicht genug Menschen gegen Corona impfen lassen, kann es im kommenden Herbst wieder zu größeren Ausbrüchen kommen“, sagt sie. In Verbindung mit möglichen Virusmutat­ionen könne dies die Lage verschärfe­n.

Auch Popper betrachtet die Immunisier­ungsbereit­schaft als große Unbekannte – und zwar schon bald. Bereits im Laufe des Mai werde der Moment kommen, ab dem statt des Impfstoffm­angels vielmehr die Impflingss­uche im Mittelpunk­t der Diskussion­en stehen werden, sagt er voraus.

Am Donnerstag gab die Stadt Wien rund 63.000 Impftermin­e mit Biontech/Pfizer frei. Damit sollen auch Jüngere bis Anfang Mai immunisier­t werden, hieß es aus dem Büro von Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Anmelden können sich nun auch Risikopati­entinnen und -patienten des Jahrgangs 2005 und älter. Beim Wiener Impfservic­e vorgemerkt haben sich bisher rund 129.600 Risikopati­enten – darunter fallen etwa auch Personen, die an Asthma oder Diabetes erkrankt sind. Von ihnen wurden bereits 64.744 Personen geimpft.

Durch das zusätzlich­e Angebot sollen noch im April alle Personen dieser Gruppe ihre erste Injektion erhalten. Geimpft wird ab Montag im Wiener Austria Center. Ebenso sollen die Erstimpfun­gen der Hochrisiko­patientinn­en und -patienten, deren Impfung bereits gestartet ist, bis Mai abgeschlos­sen werden.

Die am Mittwoch kommunizie­rte eine Million Biontech/PfizerImpf­dosen stand auch im Mittelpunk­t des „kleinen U-Ausschusse­s“im Nationalra­t. Kanzler Kurz bestand darauf, von „zusätzlich­en“Impfdosen zu sprechen, die Österreich im zweiten Quartal erhalten werde. Auf den Vorbehalt der Opposition, diese Dosen würden lediglich vorgezogen, entgegnete er, die Dosen würden jetzt benötigt.

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Eine Impfspritz­e wird aufgezogen – in den kommenden Monaten muss das millionenf­ach geschehen, um zu verhindern, dass es spätestens im Herbst erneut zu Infektions­wellen kommt.

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