Noch ein Turbo für den Bahnausbau
Breitbandinternet und der Bahnausbau gehören zu den größten Brocken im Plan der Regierung für den EU-Aufbaufonds. Wie sehr der Treibhausgasausstoß mit den Maßnahmen tatsächlich reduziert wird, ist fraglich.
Zumindest was die angestrebten Passagierzahlen beim 1-23-Klimaticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich betrifft, ist der von Österreich an die EU geschickte vorläufige Aufbauplan deutlicher als alles bisher Präsentierte: Im Jahr 2023, dem vermutlich ersten Jahr, in dem die in Verhandlung befindliche Öffi-Jahreskarte um 1096 Euro operativ voll funktionsfähig sein soll, strebt man eine Million Nutzer an.
Das ist ein ehrgeiziges Ziel – ausgehend von den 100.000 Nutzern, die Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bisher stets als Losung für das erste Jahr angegeben hatte. Andererseits scheint die eine Million wiederum gering. Denn der Bund erkauft sich das Mitmachen der Bundesländer allein in den ersten zwei Jahren mit 240 Millionen Euro. Zum Vergleich: Allein Wiener Linien hat 870.000 Jahreskartennutzer unter Vertrag, die wohl eher nicht erste Zielgruppe des Österreich-Tickets sein dürften.
Ein Dutzend Fixstarter
Wann auch immer das Ringen um die Realisierung des 1-2-3-Tickets abgeschlossen sein wird: Die damit einhergehenden Finanzierungsversprechungen für Bahninfrastruktur in den Bundesländern werden sich im EU-Aufbauplan wiederfinden. Ein Dutzend Fixstarter stehen bereits fest: Gebaut wird die Linzer Stadtbahn ebenso wie die Mühlkreisbahn-Verlängerung (Urfahr bis Hauptbahnhof Linz) und die O-Bus-Achse im Osten von Linz.
Verkehrsentlastung und Klimaschutz in einem Aufwaschen verspricht sich auch Salzburg, diesfalls von der Verlängerung der Salzburger Lokalbahn in den Norden und in den Süden zu einer Art Regionalstadtbahn, die schnelle Pendlerverbindungen garantiert. Die Pinzgaubahn soll ebenfalls verlängert und elektrifiziert werden (fährt derzeit noch mit Dieseltriebzügen).
Der vom Bund finanzierte Ausbau von Stadtumlandverkehren steht auch in der Ostregion auf der Agenda, wobei in St. Pölten Bahnstrecken „oberhalb der Donau“Priorität haben, also Franz-Josefs- und Kamptalbahn ebenso wie Nordwest(Wien–Retz) und
Nicht zu vergessen: der seit 20 Jahren versprochene viergleisige Ausbau der Südbahn für die S-Bahn bis Mödling.
Ihrer Modernisierung und Elektrifizierung harren des Weiteren die Ostbahn im Burgenland (Heiligenkreuz–Fürstenfeld) und die von der Raaberbahn mit Dieseltriebzügen bediente ÖBB-Strecke Sopron–Mattersburg–Wiener Neustadt.
Schleife Eisenstadt Raaberbahn Sopron–Neufeld–Ebenfurth.
Auf dem Plan stehe auch die Verlängerung der Straßenbahn von
Wien-Simmering nach Schwechat, unken Insider, aber Genaues weiß man nicht.
Neu im Sinne von innovativ dürften übrigens auch die 30 Millionen Euro für (digitale) Forschungsinfrastruktur nicht sein. Denn das riecht eher nach Ersatz für die ausgetrocknete Nationalstiftung, mit der Forschungsinfrastruktur in Universitäten und Instituten finanziert werden sollte.
Bleiben an tatsächlich neuen Projekten lediglich vier, wie der ÖGBnahe Thinktank Momentum kritisch anmerkt: die Nachrüstung von Sortieranlagen, der elektronische
Die Strecke der Salzburger Lokalbahn soll verlängert werden – sowohl in den Süden als auch in den Norden.
Mutter-Kind-Pass und Ortskerne, also Investitionen, mit denen Geschäftsflächenschaffung, Fassadenbegrünung und thermische Sanierung angestoßen werden sollen und so eine Attraktivierung erreicht werden soll. Zusammen mit dem Investitionsfonds „Klimafitte Kulturbetriebe“machten die neuen Projekte lediglich vier Prozent des Investitionsvolumens aus, heißt es in der Momentum-Analyse. 96 Prozent der Mittel dienten der Finanzierung oder Aufstockung bereits in Umsetzung befindlicher Ausgaben.
Auch die im Plan angepeilten CO₂-Einsparungspotenziale hält Momentum
für überzogen. Laut Aufbauplan wird eine Emissionsreduktion von 20 Millionen Tonnen angepeilt, die Pro-Kopf-Emissionen sollten von 9,2 auf sechs Tonnen pro Jahr sinken. Wie man auf diese Zahlen kommt, erschließt sich nicht. Darin sei auch die Ökosteuerreform inkludiert, heißt es. Allerdings wäre gemäß der Rechnung im Aufbauplan die Reduktion deutlich höher als jene im Energie- und Klimaplan. Dort ist von minus 14,2 Millionen Tonnen bis 2030 die Rede – bei einem Investitionsvolumen von bis zu 173 Milliarden Euro.
Dann wären die Maßnahmen im Aufbauplan 115-mal effizienter als jene des Klimaplans, sagen Momentum-Experten, das sei völlig absurd.
Pläne sind nicht grün genug
Wie grün die Aufbaupläne der EU-Länder sind, nimmt seit einigen Monaten das deutsche WuppertalInstitut unter die Lupe. Auf deren Homepage zu dem Projekt „Green Recovery Tracker“wird dokumentiert, wie nachhaltig die eingereichten Projekte sind. Nach der Analyse der Pläne von neun Staaten zieht die Institutsmitarbeiterin Helena Mölter ein ernüchterndes Fazit: Der „grüne“Anteil der Investitionen liege bei nur 28 Prozent – und damit deutlich unter den von der EU vorgegebenen 37 Prozent fürs Klima.
Darüber hinaus sind laut Mölter 14 Prozent der Projekte kontraproduktiv für das Klima – etwa ein Autobahnprojekt in Portugal oder ein Projekt für Hybridfahrzeuge in Deutschland. Viele Mittel seien auch nicht klar verortbar, da keine Klimabedingungen daran geknüpft wurden – etwa Förderungen für den Wohnungsbau. Jener Graubereich macht rund 21 Prozent der eingereichten Maßnahmen aus. Sobald der österreichische Plan veröffentlicht werde, will das Institut auch diesen auf seine Klimafitness prüfen. Bisher habe jedenfalls noch kein Land einen Plan veröffentlicht, der eine klare grüne Transformation als Strategie verfolge, fasst Mölter zusammen.