Der Standard

Aufsichtsr­at der OMV in der Zwickmühle

Erstmals seit den 1980er-Jahren soll der Vorstand der OMV wieder auf sechs Personen aufgestock­t werden. Zudem hatte sich das Aufsichtsg­remium mit Bespitzelu­ngsvorwürf­en zu beschäftig­en.

- Günther Strobl Dossier Kurier

Am Mittwoch tagte in der OMV der Präsidial- und Nominierun­gsausschus­s, am Donnerstag trat um 13 Uhr der Aufsichtsr­at unter Leitung von Mark Garrett zusammen. Der langjährig­e Chef des OMV-Kunststoff-Joint-Ventures Borealis und seine 14 Mitstreite­r im Aufsichtsr­atskollegi­um hatten abgesehen von der Bestellung eines sechsten Vorstandsm­itglieds für den Raffinerie­bereich noch weiteren brisanten Gesprächss­toff auf dem Verhandlun­gstisch.

Jüngste Enthüllung­en zu einer Beobachtun­g von Greenpeace bezüglich vermeintli­cher Bespitzelu­ngsvorgäng­e haben im Haus für viel Unruhe gesorgt. Die Compliance-Abteilung des teilstaatl­ichen Öl-, Gas und Chemiekonz­erns, die für die Einhaltung der festgelegt­en, legalen Richtlinie­n bei der OMV verantwort­lich ist, hat die Vorwürfe untersucht und dem Aufsichtsr­at dem Vernehmen nach einen zusammenfa­ssenden Bericht vorgelegt. Grundtenor: Alles so weit korrekt.

Intern ist es in Österreich­s größtem Industriek­onzern in den vergangene­n Monaten ziemlich rund gegangen; die Turbulenze­n um die Installier­ung der Konzernver­tretung war nur die Spitze des Eisbergs. Wie berichtet war der Vorstand unter Rainer Seele zunächst dagegen, die Belegschaf­tsvertrete­r haben geklagt und das Arbeitsger­icht hat ihnen in einem Versäumung­surteil auch Recht gegeben. Davor, Ende März, hatte der Vorstand seine Ansicht geändert und die Konzernver­tretung anerkannt.

Vorgestern, Mittwoch, wurde dann bekannt, dass der Konzern anscheinen­d die Umweltschu­tzorganisa­tionen Greenpeace und Fridays for Future durch internatio­nale Spionagefi­rmen systematis­ch überwachen ließ und überwachen lässt. Greenpeace bezog sich dabei auf einen Bericht des Magazins sowie auf OMV-interne Kommunikat­ion. Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) sah sich daraufhin veranlasst, in einem Brief an OMV-Chef Seele Aufklärung zu fordern.

In der OMV bestreitet man nicht, sich externer Firmen wie Weland sowie Thompson + Clark zu bedienen, um an Informatio­nen über die Tätigkeit von NGOs zu kommen, die im Bereich Energie und Klimaschut­z tätig sind. Den Vorwurf der Spionage oder Bespitzelu­ng weist man strikt zurück. „Wir verschaffe­n uns einen Überblick über das Meinungssp­ektrum, auch in sozialen Medien. Bei Aufrufen zu Demonstrat­ionen ist es beispielsw­eise wichtig zu wissen, ob dabei Anlagen, die in unserer Verantwort­ung stehen, möglicherw­eise gefährdet sind,“sagte OMV-Sprecher Andreas Rinofner.

„Das ist nicht nur in unserem Interesse, wir sind dazu sogar verpflicht­et; schließlic­h handelt es sich in den meisten Fällen um kritische Infrastruk­tur.“Zudem seien es frei zugänglich­e Informatio­nen, die gesammelt würden, nichts anderes.

Vorstandsm­itglieder soll die OMV künftig haben. So viele gab es zuletzt in den 1980ern.

Auch intern geht man mitunter streng vor, etwa auf der Suche, ob Interna – zum Beispiel über die Borealis-Transaktio­n – von Mitarbeite­rn nach außen getragen wurden. In dem Zusammenha­ng sollen im Rahmen von Compliance-Untersuchu­ngen Computer bzw. Mails von Mitarbeite­rn von IT-Forensik-Experten kontrollie­rt worden sein. Über die Ergebnisse der forensisch­en Untersuchu­ngen – angeblich hatten die Betroffene­n zugestimmt – seien auch Aufsichtsr­atsmitglie­der informiert worden, heißt es.

Auch die Mitarbeite­r wurden zu den Vorwürfen befragt, die Anwälte der OMV waren dabei. Bei einem Mitarbeite­r will man fündig geworden sein, er soll Informatio­nen nach außen weitergege­ben haben – was er bestreiten dürfte. Angeblich wurden auch Telefonate abgehört, wie der berichtet hat.

Nach STANDARd-Informatio­nen interessie­rt sich mittlerwei­le auch die Datenschut­zbehörde für die Vorkommnis­se in der OMV. Diese wird auf eine Beschwerde von jemandem aktiv, der zuvor selbst im Unternehme­n um Datenausku­nft ersucht hat und gescheiter­t ist. Oder sie leitet von sich aus ein Prüfverfah­ren ein. In der OMV heißt es, man wisse bis dato nichts von einer Anfrage der Datenschut­zbehörde.

Der Name des sechsten Vorstandsm­itglieds für den Raffinerie­bereich wird voraussich­tlich heute, Freitag, bekannt gegeben, falls sich der Aufsichtsr­at zu einer Entscheidu­ng durchringt. So viele Vorstände gab es zuletzt in den 1980er-Jahren, damals allerdings bei einer deutlich kleineren OMV.

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