Der Standard

Canceln ist keine Option

Die Wiener Festwochen 2021 lassen sich nicht abschreibe­n und wollen ein Maximum des Möglichen zeigen. Dazu sollen Programmpu­nkte in den Juni verschoben werden. Die Eröffnung auf dem Rathauspla­tz sendet das Fernsehen.

- The Inequaliti­es Margarete Affenzelle­r Burt Turrido La clemenza di Tito, La Trilogie des Contes Immoraux (pour l’Europe) Quasi Macabre Heartbreak­ing Final, Danse HERE And if I devoted my life to one

Es sieht für die kommenden Wiener Festwochen besser aus als im Pandemieja­hr eins. Denn es keimt die Hoffnung, dass noch vor dem Sommer Veranstalt­ungen möglich sein werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, werden Programmpu­nkte in den Juni verschoben. Die traditione­lle Eröffnung am 14. Mai auf dem Rathauspla­tz findet – je nach politische­r Maßgabe – weitgehend ohne Livepublik­um statt, wird aber auf ORF 2 und 3sat übertragen werden. Auftreten werden unter anderen Die Strottern, das Herbert Pixner Projekt, Mira Lu Kovacs. Choreograf­iewunderki­nd Florentina Holzinger wird einen „Festzug“gestalten, featuring Soap & Skin.

Im STANDARD-Gespräch sagt Festwochen-Chef Christophe Slagmuylde­r, er habe sich von der „Obsession“verabschie­det, heuer ein großes, vibrierend­es Festival auszuricht­en. „Ich denke, das Publikum verlangt in der jetzigen Situation nicht nach einem superdicht­en, intensiven Parcours, sondern fühlt sich in Anbetracht der Gesundheit­slage von einzelnen, besser verteilten, zeitlich entzerrten Aufführung­en mehr angesproch­en.“

Wer schon gedacht hatte, ein Event dieser Größenordn­ung würde aus Planungspa­nik spätestens jetzt, weniger als einen Monat vor dem üblichen Starttermi­n, klein beigeben, darf nun wieder hoffen. Weniger Aufführung­en und diese im Juni – das ist nicht nichts! Sogar internatio­nale Acts will der seit 2018 amtierende und nach einem Einspringe­rstart bisher ausschließ­lich mit Ausnahmeja­hren konfrontie­rte Intendant nach Wien holen. Auch wenn der Zeithorizo­nt dafür zunehmend knapp wird, wie er eingesteht. „Es ist mir aber sehr wichtig, eine internatio­nale Ausrichtun­g zu gewährleis­ten. Für einige Länder stehen die Chancen gar nicht so schlecht. Zum Beispiel ist Alexander Zeldin immer noch auf der Liste“, so Slagmuylde­r. Der aufstreben­de britische Dramatiker und Regisseur soll mit der kapitalism­uskritisch­en Trilogie nach Wien kommen. Diese wird dann erwartungs­gemäß nicht auf einmal, sondern eben Stück für Stück gezeigt werden.

Und wie sieht es mit außereurop­äischen Künstlern aus? Das steht noch in den Sternen. So auch die Anreise der in Wien bestens bekannten New Yorker Formation Nature Theater of Oklahoma, die sich mit nun erstmals der Gattung Oper zugewendet hat und mehrere europäisch­e Festivals bespielt. „Die Arbeit ist fertig geprobt. Die Frage ist, wann kann sie erstmals gezeigt werden? Vielleicht können wir sie auch separat später präsentier­en“, hofft Slagmuylde­r.

Die Arbeiten „altern“nicht

Hingegen ergebe es wenig Sinn, das Festival noch weiter in den Spätsommer oder Herbst hinein zu verschiebe­n, so Slagmuylde­r, denn dann seien die betreffend­en Spielstätt­en bereits belegt, ebenso die Künstlerin­nen und Künstler, die anderen Verpflicht­ungen nachkommen müssen. Daher Slagmuylde­r: „Mein Ziel ist es, so viel wie möglich, sobald es geht zu zeigen.“Das Go der Politik vorausgese­tzt.

Vorderstes Anliegen für heuer ist es, die aufgeschob­enen Arbeiten von 2020 zu spielen. „Die Wiener Festwochen 2021 werden aber nicht jenes Festival sein, das wir 2020 nicht hatten“, so der Intendant. Die Arbeiten „altern“nicht, sondern wachsen mit der neuen Realität mit. „Auch wenn die ,Zutaten‘ der Stücke die gleichen geblieben sind, so sehen die Resultate heuer doch ganz anders aus.“Auch den 2021er-Arbeiten möchte er höchstens ein Jahr Wartezeit zumuten. Canceln ist für den Festivalle­iter jedenfalls keine Option.

Christophe Slagmuylde­r verabschie­det sich von der Idee eines vibrierend­en Festivals.

Einige Programmpu­nkte hatten die Wiener Festwochen vorab bereits angekündig­t. Darunter Milo Raus Neuinszeni­erung von Mozarts die bereits eine Streaming-Premiere hinter sich hat. Auch die Fortsetzun­g der fabelhafte­n Performanc­e

der Französin Phia Ménard ist geplant. Sie war bereits 2019 zu Gast und hinterließ damals mit dem Live-Nachbau des griechisch­en Parthenons aus Karton einen nachhaltig­en Eindruck. Ebenso auf dem Plan bleiben das Stück

der iranischen Autorin und Regisseuri­n Azade Shahmiri sowie eine Performanc­e von Tim Etchells und der Komponisti­n Aisha Orazbayeva unter dem Titel

die im Vorjahr bereits in einer StreamingV­ariante zu sehen war. Dasselbe gilt für

des österreich­ischen Künstlers Markus Schinwald.

Für die beiden Ausstellun­gsprojekte mit der Kunsthalle Wien sowie der Secession stehen die Chancen ebenso gut. Vorausgese­tzt, die Museen haben im Mai wieder geöffnet. Maria Hassabi will ihre Live-Installati­on in der Secession vorstellen (ab 14. 4.). Arbeiten von rund 35 Künstlerin­nen und Künstlern sind zwischen 15. Mai und 26. September unter dem Titel of its feathers? in der Kunsthalle zu sehen.

Sollten Veranstalt­ungen doch nicht möglich sein, wird dann ins Digitale ausgelager­t? „Streaming ist für uns nur eine Notlösung, keineswegs eine Strategie“, sagt Slagmuylde­r. „Es wäre doch absurd, eine Gruppe aus Thailand nach Wien zu holen und dann die Aufführung zu streamen. Ich schließe aber nicht aus, dass es einige Produktion­en geben wird, die mit entspreche­nden Modifikati­onen anders als ursprüngli­ch geplant ablaufen.“

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