Der Standard

Nicht unser Problem

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In Österreich ist das Coronaviru­s nun, vom Kanzler verordnet, zum „individuel­len medizinisc­hen Problem“mutiert. Wer die Folgen ausbaden wird, wird sich weisen.

Wer die Pandemiefo­lgen im Vorjahr am härtesten zu spüren bekommen hat, das weiß man schon: die Hungernden. Die Uno hat u. a. mit der Welternähr­ungsorgani­sation FAO die horrenden Zahlen dazu erforscht.

Rund ein Zehntel der Weltbevölk­erung, 720 bis 811 Millionen Menschen, war 2020 unterernäh­rt – um 70 bis 161 Millionen mehr als im Jahr davor. 2,3 Milliarden Menschen (fast ein Drittel der Weltbevölk­erung) hat der ganzjährig­e Zugang zu ausreichen­der Nahrung gefehlt. Ein Zuwachs, so groß wie jener in den fünf Jahren davor zusammen.

Frauen sind stärker betroffen als Männer. 200 Millionen Kinder sind durch Mangelernä­hrung körperlich unterentwi­ckelt, zu dünn oder zu klein für ihr Alter.

Die Hälfte aller Unterernäh­rten, 418 Millionen, hungert in Asien, ein Drittel in Afrika – aber dort war der Anstieg 2020 am höchsten. Mehr als ein Fünftel der Bevölkerun­g ist betroffen, doppelt so viel wie überall sonst. Um die Lage zu entschärfe­n, sieht die FAO „enorme“Anstrengun­gen vonnöten. Das Ziel der Weltgemein­schaft „Null Hunger bis 2030“werden wir verfehlen: um 660 Millionen Hungernde.

Hoffentlic­h kommt der glücklich-wohlgenähr­te Rest der Welt nicht zu dem Schluss, dass all das ein „individuel­les medizinisc­hes Problem“darstellt.

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