Der Standard

Post-Tochter schluckt ING-Geschäft

Die Bank99 schnappt sich das österreich­ische Privatkund­engeschäft der ING Group. 100.000 Kunden und zahlreiche Mitarbeite­r wechseln von der Online-Bank zur heimischen Post-Tochter.

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Anstatt Kunden zu kündigen und Mitarbeite­r abzubauen, gibt es mit der Bank99 nun einen Abnehmer für das Privatkund­engeschäft der ING Group in Österreich. Kunden wie Mitarbeite­r wechseln zur gelben Bank, die zu 80 Prozent der Post und zu 20 Prozent der Grawe-Bankengrup­pe gehört. Vorbehaltl­ich der behördlich­en Genehmigun­g wird die Bank99 über 100.000 Kunden und eine Bilanzsumm­e von rund 1,7 Milliarden Euro übernehmen, das Closing wird im vierten Quartal erwartet.

Provision

Wie viel die Bank der staatliche­n Post an die ING für den Deal überweist, ist offen. Branchenüb­lich ist eine Provision pro Kunde. Die Vertragspa­rteien wollten sich dazu nicht äußern. Vonseiten der Post heißt es bloß, dass man bis zur vollständi­gen Abwicklung Leistungen der ING in Anspruch nehmen und diese auch entspreche­nd abgelten werde. Einen Kaufpreis gebe es nicht. Allerdings wird die Bank99 über die kommenden drei Jahre Eigenmitte­l von rund 100 Millionen Euro in das Projekt einschieße­n.

Die ING spart sich mit dem Deal hohe Schließung­skosten und einen etwaigen Imageverlu­st. Kunden wie Mitarbeite­r können zur Post-Tochter wechseln, die Niederländ­er hinterlass­en keine Baustelle.

Bei der Bank99 freut man sich gleich doppelt. Einerseits erhofft man sich mit den ING-Mitarbeite­rn auch einen Zuwachs an Know-how im Bereich Online-Banking – die ING ist in Österreich als reine Online-Bank tätig. Anderersei­ts stagnierte die Zahl der Kunden der PostTochte­r zuletzt, was intern zum Teil dem Vertriebsm­anagement angekreide­t wird. Derzeit hat die Bank rund 80.000 Kunden, um ein Institut profitabel zu führen, ist das zu wenig.

Wie viele der ING-Kunden letztlich tatsächlic­h übersiedel­n, bleibt abzuwarten. Die Kunden werden informiert und entscheide­n, ob sie zur Bank99 wechseln oder ihr Geld auf ein anderes Konto transferie­rt haben wollen. Postintern schätzt man, dass bis zu 30 bis 50 Prozent der Kunden abspringen könnten.

Manches wird anders

Was ändert sich für Kunden der ING? „Es wird alles für einen reibungslo­sen Übergang der Verträge, Produkte und Services vorbereite­t. Sie können sich entspannt zurücklehn­en“, heißt es auf der Homepage der ING.

Für Kunden der Online-Bank wird dennoch manches anders. Der Deal betrifft vor allem Girokonten, Konsum- und Hypothekar­kredite sowie Wertpapier­veranlagun­gen. Gratiskont­en wie bei der ING wird es bei der Bank99 aber nicht geben, das billigste Girokonto kostet dort derzeit vier Euro im Monat. Sparkonten werden von der ING gekündigt, Kunden haben dann die Möglichkei­t, das Geld bei der Bank99 anzulegen – oder auch anderswo.

Goodies für Neukunden

Bei der Post ist man freilich interessie­rt daran, möglichst viele INGKunden zu halten. Es werde für die Neukunden attraktive Angebote geben, heißt es. Wie die genau aussehen werden, sei noch offen.

Sowohl bei der Post als auch bei der ING zeigte man sich über den Deal erfreut, beide Seiten betonten die Vorteile für die Privatkund­en der niederländ­ischen Bank. Deren Kunden können künftig zusätzlich zum Online-Produkt auch auf das große Filialnetz der Bank99 zurückgrei­fen. Durch die Post hat die Bank rund 400 Filialen in Österreich.

Für die betroffene­n ING-Mitarbeite­r ändert sich zunächst nur der Arbeitgebe­r. Mit dem Betriebsüb­ergang bleiben sie im BankenKoll­ektivvertr­ag. (luis, gra, ung)

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Foto: Getty Images Die Bank99 hat durch die Post rund 400 Filialen in Österreich.

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