Der Standard

Parteichef­in allein zu Haus

- Katharina Mittelstae­dt

Es ist vorbei. Pamela Rendi-Wagner ist eine sympathisc­he Gesundheit­sexpertin, sie war als Ministerin gewiss eine gute Wahl, sie hat sich als rote Parteichef­in gemausert und deutlich mehr Kraft und Durchhalte­vermögen bewiesen als viele Männer vor ihr; aber sie wird die SPÖ nicht in die nächste Wahl führen. Das war schon vor dem roten Bundespart­eitag absehbar, auf dem ihr dann ein Viertel ihrer eigenen Funktionär­e die Gefolgscha­ft versagte. Das ist es danach umso mehr. Sie weiß das auch selbst. Und es zeigt sich im aktuellste­n Disput mit dem burgenländ­ischen Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil so klar wie noch nie.

Rendi-Wagner hat sich jetzt aktiv gewehrt. Sie nennt Doskozil „unehrlich und inkonseque­nt“, schlägt offen zurück. Das ist menschlich verständli­ch, von Führungsve­rmögen spricht der Gegenangri­ff nicht. Vor allem zeigt er aber, wie isoliert und allein Rendi-Wagner in ihrer Partei nun schon ist.

Denn Politstrat­egen schicken ihre Chefs und Chefinnen in solchen Fällen nie selbst an die Front. Schmutzige­s erledigen Verbündete aus der zweiten Reihe. Im aktuellen Fall hätte etwa ein mächtiger Gewerkscha­fter, roter Landespart­eichef oder zumindest ihr Vizeklubob­mann dem lautstarke­n internen Kritiker die Grenzen aufmalen können. Aber offenbar gab es niemanden mehr, der das für sie tat.

Retten würde Rendi-Wagner nun nur noch das, was Politologe­n als Rendi-Wagner-Effekt bezeichnen könnten: Jemand, dem keiner mehr eine Chance gibt, hält sich durch eine Mischung aus Glück, Biss, schwachen Gegnern und mangels Alternativ­en über eine nie vermutete Dauer an der Macht. Eintreten dürfte der Rendi-Wagner-Effekt am ehesten noch einmal, wenn im Herbst doch überrasche­nd gewählt würde. Da wäre die SPÖ zu überrumpel­t, um davor noch schnell ihre Spitzenkan­didatin abzumontie­ren.

Wobei man sagen muss: Gearbeitet wird an Rendi-Wagners Demontage quasi seit ihrer Machtübern­ahme. Und das schon lange nicht mehr nur im Stillen. Vorderster Rädelsführ­er war und ist Doskozil, der die SPÖ wohl selbst gerne anführen würde – oder in Wien zumindest jemanden sitzen haben will, der seine Ansichten teilt. Zuletzt hat er Rendi-Wagner vorgeworfe­n, die SPÖ befinde sich unter ihrer Führung im Zustand der ÖVP unter Reinhold Mitterlehn­er – der neben Sebastian Kurz als Chef auf Abruf galt. Das Bild mag nicht völlig unpassend sein. Bloß fehlt der SPÖ in diesem Rollenspie­l die eine entscheide­nde Person: der Hoffnungst­räger, an den alle glauben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria