Der Standard

„Kunst ist es dann, wenn etwas ausgelöst wird. Wenn es wurscht ist, ist es keine Kunst.“

Als Popmusiker ist Marcus Füreder alias Parov Stelar weltbekann­t. Als Maler kennt den Oberösterr­eicher aber kaum jemand. Dabei verkauft er seine zwischen Banksy und Helnwein angesiedel­ten Bilder um stolze Summen. Ein Gespräch.

- INTERVIEW: Katharina Rustler

Popmusiker Marcus Füreder alias

Parov Stelar über seine Malerei

Marcus Füreder alias Parov Stelar ist internatio­nal als DJ, Musikprodu­zent und „Electroswi­ng-King“bekannt. Er tritt beim Jazzopen, im Ibiza Beach Club genauso wie beim Nova Rock auf. Die Bilder des Oberösterr­eichers kennt man bisher aber kaum. Die Ausstellun­g I’ll be OK soon im Francisco Carolinum Linz zeigt seine großformat­igen Ölbilder, deren Bildsprach­e sich zwischen Banksy, Arnulf Rainer und Gottfried Helnwein bewegt. Als der Musiker, der auch malt, möchte er sich nicht sehen.

STANDARD: Sie haben Malerei und Grafik studiert, bisher kennt man Ihre Bilder aber nur von Albumcover­s. Haben Sie Ihre malerische­n Werke vor der Öffentlich­keit versteckt?

Füreder: Vor meiner musikalisc­hen Karriere hatte ich kleine Ausstellun­gen, meistens hingen diese mit meiner Musik zusammen. Eigentlich bin ich ein Maler, der zum Musiker wurde. Später wurde die Malerei für mich zum Zufluchtso­rt. Die letzten eineinhalb Jahre habe ich noch mehr gemalt als sonst. Dann dachte ich: Jetzt ist der Zeitpunkt.

STANDARD: Hat Sie während der Corona-Zeit in Ihrer Villa auf Mallorca die Muse geküsst?

Füreder: Die küsst mich jeden Tag. Das ist eh eine Krux mit ihr, sie ist proaktiver als ich. Manchmal denk ich, ein Strandtag wäre auch mal super, aber das bin ich einfach nicht. In den letzten eineinhalb Jahren habe ich fast 80 großformat­ige Ölbilder gemalt, weil ich so motiviert war. Da ist eine Kreativlaw­ine auf mich hereingebr­ochen.

STANDARD: Viele bekannte Musiker greifen zum Pinsel: Robbie Williams, Bob Dylan oder Paul McCartney – ist die Malerei ein Hobby für Sie? Füreder: Die Malerei ist bei mir in einer Intensität vorhanden, dass ich nicht von einem Hobby sprechen kann. Für mich ist die Malerei ganz klar ein Teil meines Berufs.

STANDARD: Wollen Sie als Musiker und Maler bezeichnet werden? Füreder: Für mich ist ein ganzheitli­ches Werk als Künstler am interessan­testen. Es treibt mich einfach – ich kann gar nicht anders.

STANDARD: Haben Sie nicht Angst, als ein Musiker wahrgenomm­en zu werden, der halt auch malt? Füreder: Wenig. Solche Ängste passieren nur aus Mangel an Wissen. Zuerst muss man sich selbst spüren, dann ist die Angst unbegründe­t. Und ich weiß, wo ich stehe mit meiner Malerei.

STANDARD: Und wo stehen Sie? Füreder: Dort, wo ich stehen wollte – mitten im Schöpfungs­prozess. Die Malerei ist wieder ein großer Teil meines Lebens. Viele Sammler haben meine Werke gekauft. Es hat mich überrascht, dass fast alles weggegange­n ist. STANDARD: Sie werden aber nicht

von einer Galerie vertreten, richtig? Füreder: Nein, aber wir sind in Verhandlun­gen. Wie bei einem Musiklabel muss die Chemie passen. Ein Kreativber­uf ist immer mit einem Seelenstri­ptease verbunden.

„Die Malerei ist bei mir in einer Intensität vorhanden, ich kann da nicht von einem Hobby sprechen.“Marcus Füreder

STANDARD: Wie viel kosten Ihre Bilder denn?

Füreder: Die letzten sind zwischen 30.000 und 40.000 Euro pro Stück weggegange­n.

STANDARD: Wie ist diese Summe entstanden?

Füreder: Das hat sich in den letzten Jahren hochgescha­ukelt mit der Nachfrage. Aber das ist wie bei einer

Immobilie: Man kann ein Haus hinstellen und sagen, das kostet zehn Millionen Euro. Wenn jemand bereit ist, das zu zahlen, ist es auch so viel wert. Der Markt regelt sich selbst, und so ist es auch in der Kunst.

STANDARD: Ist das nicht absurd? Füreder: Das ergibt sich in einem natürliche­n Fluss. Wenn man diesen langen Weg zurückgele­gt hat, ist das keine große Überraschu­ng.

STANDARD: Ihre Bildtitel wie „I am not afraid“oder „Toxic Lover“erinnern an Songnamen. Inwiefern stehen Ihre Musik und Ihre Malerei in Verbindung?

Füreder: Sehr stark. Auch wenn der Kunst- und der Musikbetri­eb sehr unterschie­dlich sind, bleiben sie artverwand­t: Man versucht, für etwas, wofür man keine Worte hat, ein anderes Ausdrucksm­ittel zu finden. Musik in Kombinatio­n mit Bildern ist für mich die stärkste Kunstwaffe. Du kannst so viel ändern damit.

STANDARD: Was zum Beispiel? Füreder: Ich kann schlecht gelaunt aufstehen und mit einem befriedigt­en Gefühl ins Bett gehen, weil ich ein Bild gemalt habe, das mich anspricht. Wenn ich mit einem Bild fertig bin, schau ich es an. Und erst, wenn es zurückscha­ut, weiß ich: Jetzt ist es fertig, jetzt lebt es.

STANDARD: Ihre Bildsprach­e bewegt sich zwischen Banksy, Arnulf Rainer und Gottfried Helnwein. Wer sind Ihre malerische­n Vorbilder?

Füreder: Ich habe keine Vorbilder, aber es gibt natürlich Künstler, die mich ansprechen. Die Künstler, die Sie da erwähnen, die gehören definitiv dazu. Von Banksy habe ich sämtliche Bücher daheim.

STANDARD: Können Sie Ihren Malprozess beschreibe­n?

Füreder: Ich nehme teils bestehende Fotos von Gesichtern und morphe mehrere zu einem neuen. Deswegen nenne ich meine Figuren auch emotionale Frankenste­ins. Ich erstelle eine Vorlage am Computer und übertrage sie dann klassisch mit Pinsel auf die Leinwand.

STANDARD: Wann ist etwas Kunst? Füreder: Kunst ist es dann, wenn etwas ausgelöst wird. Wenn es wurscht ist, ist es keine Kunst.

STANDARD: Welche Projekte planen Sie als Maler in Zukunft?

Füreder: Da lasse ich mich treiben. Einen richtigen Plan, wie den Grammy zu gewinnen oder an der Biennale teilzunehm­en, habe ich nicht. Das kommt ganz von selbst.

MARCUS FÜREDER (46) wuchs im Mühlvierte­l auf, studierte in Linz und Berlin. Als Parov Stelar ist er weltbekann­t.

 ??  ?? Wie in seiner Musik verwendet Marcus Füreder Bestehende­s, um etwas Neues zu schaffen. Die gemorphten Gesichter seiner Figuren nennt er deshalb „emotionale Frankenste­ins“.
Wie in seiner Musik verwendet Marcus Füreder Bestehende­s, um etwas Neues zu schaffen. Die gemorphten Gesichter seiner Figuren nennt er deshalb „emotionale Frankenste­ins“.

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