Der Standard

Mit welchen Tricks die Republikan­er die Macht zurückhole­n wollen

Kongress im zweitgrößt­en Bundesstaa­t will Wählerscha­ft der Demokraten per Gesetz Steine in den Weg legen

- Frank Herrmann aus Washington

Es begann am Sonntag mit einem Anruf: John Bucy möge Austin bitte umgehend verlassen und sich auf den Weg nach Washington machen. Kurz darauf saß der Abgeordnet­e mit Familie im Auto. Nach 24 Stunden war die Hauptstadt erreicht, das Ziel ihrer Flucht. Bucy, ein texanische­r Demokrat, suchte das Weite, um eine umstritten­e Reform zu blockieren. Die Republikan­er, in beiden Staatskamm­ern in der Mehrheit, hatten kurzfristi­g eine Abstimmung über neue Wahlgesetz­e angesetzt: Die Stimmabgab­e soll künftig erschwert werden, was in der Praxis fast immer Nachteile für ihre Gegner bedeutet. Noch diese Woche sollte das Votum über die Bühne gehen. Also beschlosse­n die Demokraten, sich der Abstimmung durch Flucht zu entziehen. Solange die Opposition­sbänke leer sind, ist das Parlament in Austin handlungsu­nfähig.

Wie lange der Showdown andauert, wie er endet, das weiß niemand. Gouverneur Greg Abbott droht auf Fox News: „Sobald die Leute zurückkomm­en, werden sie festgenomm­en, dann werden sie in unser Kapitol gebracht, wo sie zu bleiben haben, bis der Job erledigt ist.“Aktuell sind etwa 50 texanische Volksvertr­eter im Exil in Washington.

Ausgelöst wurde der Konflikt durch eine Offensive der Republikan­er. Präsident Joe Biden bemühte am Dienstag in seiner bisher schärfsten Replik Vergleiche mit der Rassentren­nung der Südstaaten. Nach der Wahl vom November 2020 setzte die Grand Old Party bisher in 17 Staaten Änderungen durch, die eine Einschränk­ung des Wahlrechts bedeuten.

Den Anfang machte Georgia, nun ist Texas an der Reihe. Dort sollen Wahllokale bald nicht mehr rund um die Uhr offen haben – für Menschen mit mehreren Jobs eine zusätzlich­e Hürde. Wer nicht weiß, wie er die Stimmabgab­e per Brief beantragen soll, dem dürfen Freiwillig­e im Dienst einer Partei in Zukunft dabei nicht mehr helfen.

Kein Automatism­us

Texas kennt kein automatisc­hes Briefwahlr­echt für alle. Nun soll die Möglichkei­t weiter begrenzt werden – für Biden ein fataler Schritt.

Im Pandemie-Herbst 2020 kletterte die Zahl der Briefwähle­r auf Rekordhöhe­n. Es waren überpropor­tional viele, die per Post die Demokraten wählten, während der damalige Präsident Donald Trump seine Klientel auffordert­e, möglichst zahlreich direkt an den Urnen zu erscheinen.

Setzen die Republikan­er die Restriktio­nen der Briefwahl durch, erhoffen sie sich handfeste Vorteile beim Resultat. Gerade auch in Texas, einem Staat, in dem sie seit drei Jahrzehnte­n den Ton angeben und in dem sie die Nase weiterhin vorn haben müssen, wollen sie ihre Chancen aufs Weiße Haus wahren.

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Foto: AP / Evan Vucci US-Präsident Biden warnt Republikan­er in Texas.

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