Mit welchen Tricks die Republikaner die Macht zurückholen wollen
Kongress im zweitgrößten Bundesstaat will Wählerschaft der Demokraten per Gesetz Steine in den Weg legen
Es begann am Sonntag mit einem Anruf: John Bucy möge Austin bitte umgehend verlassen und sich auf den Weg nach Washington machen. Kurz darauf saß der Abgeordnete mit Familie im Auto. Nach 24 Stunden war die Hauptstadt erreicht, das Ziel ihrer Flucht. Bucy, ein texanischer Demokrat, suchte das Weite, um eine umstrittene Reform zu blockieren. Die Republikaner, in beiden Staatskammern in der Mehrheit, hatten kurzfristig eine Abstimmung über neue Wahlgesetze angesetzt: Die Stimmabgabe soll künftig erschwert werden, was in der Praxis fast immer Nachteile für ihre Gegner bedeutet. Noch diese Woche sollte das Votum über die Bühne gehen. Also beschlossen die Demokraten, sich der Abstimmung durch Flucht zu entziehen. Solange die Oppositionsbänke leer sind, ist das Parlament in Austin handlungsunfähig.
Wie lange der Showdown andauert, wie er endet, das weiß niemand. Gouverneur Greg Abbott droht auf Fox News: „Sobald die Leute zurückkommen, werden sie festgenommen, dann werden sie in unser Kapitol gebracht, wo sie zu bleiben haben, bis der Job erledigt ist.“Aktuell sind etwa 50 texanische Volksvertreter im Exil in Washington.
Ausgelöst wurde der Konflikt durch eine Offensive der Republikaner. Präsident Joe Biden bemühte am Dienstag in seiner bisher schärfsten Replik Vergleiche mit der Rassentrennung der Südstaaten. Nach der Wahl vom November 2020 setzte die Grand Old Party bisher in 17 Staaten Änderungen durch, die eine Einschränkung des Wahlrechts bedeuten.
Den Anfang machte Georgia, nun ist Texas an der Reihe. Dort sollen Wahllokale bald nicht mehr rund um die Uhr offen haben – für Menschen mit mehreren Jobs eine zusätzliche Hürde. Wer nicht weiß, wie er die Stimmabgabe per Brief beantragen soll, dem dürfen Freiwillige im Dienst einer Partei in Zukunft dabei nicht mehr helfen.
Kein Automatismus
Texas kennt kein automatisches Briefwahlrecht für alle. Nun soll die Möglichkeit weiter begrenzt werden – für Biden ein fataler Schritt.
Im Pandemie-Herbst 2020 kletterte die Zahl der Briefwähler auf Rekordhöhen. Es waren überproportional viele, die per Post die Demokraten wählten, während der damalige Präsident Donald Trump seine Klientel aufforderte, möglichst zahlreich direkt an den Urnen zu erscheinen.
Setzen die Republikaner die Restriktionen der Briefwahl durch, erhoffen sie sich handfeste Vorteile beim Resultat. Gerade auch in Texas, einem Staat, in dem sie seit drei Jahrzehnten den Ton angeben und in dem sie die Nase weiterhin vorn haben müssen, wollen sie ihre Chancen aufs Weiße Haus wahren.