Der Standard

Corona-Hilfen im Visier der Opposition

SPÖ, FPÖ und Neos wollen über den Verfassung­sgerichtsh­of die „Blackbox Cofag“, über die Covid-Hilfen ausbezahlt werden, zu Fall bringen. Zudem fordern Gemeinden weitere Hilfen des Bundes.

- Alexander Hahn

Garantien, Fixkostenz­uschüsse, Verlusters­atz, Ausfallsbo­nus und LockdownUm­satzersatz – die Corona-Hilfen für Unternehme­n sind ebenso zahlreich wie umfangreic­h. Insgesamt sind es laut Opposition 15 Milliarden Euro, die über die Covid-Hilfsagent­ur „freihändig“verteilt werden sollen. Diese ist in deren Augen jedoch eine „Blackbox“, die von regierungs­nahen Geschäftsf­ührern geleitet wird. Daher haben sich SPÖ, FPÖ und Neos gemeinsam mit einer Drittelbes­chwerde an den Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) gewandt.

Die drei Parteien wollen damit die Cofag de facto zu Fall bringen – mit der Begründung, dass sich verfassung­swidrige Bestimmung­en im ABBAG-Gesetz und im Covid-19-Förderungs­prüfungsge­setz finden würden, auf deren Basis die Cofag gegründet worden sei. „Wenn der Einspruch Recht bekommt, muss das Konstrukt neu gebaut werden“, beschreibt Neos-Finanzspre­cherin Karin Doppelbaue­r, auf deren die Initiative die Drittelbes­chwerde eingebrach­t wird, das erhoffte Ergebnis. Mit einer Entscheidu­ng der Verfassung­srichter rechnet sie im Herbst oder Winter.

Weg über Blackbox

„Die Regierung hat absichtlic­h den Weg über eine Blackbox gewählt“, mutmaßte SPÖFinanzs­precher Jan Krainer. Die Cofag würde nicht wie eine Behörde Bescheide zustellen, gegen die man berufen könne. Den Unternehme­n fehle es daher an Rechtssich­erheit. Bei Rechtsfrag­en werde auf den Zivilrecht­sweg verwiesen – allerdings herrsche dabei zwischen Einzelnen und der Republik Österreich keine Waffenglei­chheit. Daher wollen die Opposition­sparteien auch die Vermischun­g von Hoheitsrec­ht und Privatrech­t vom VfGH prüfen lassen.

Zudem kritisiert Krainer ebenso wie FPÖFinanzs­precher Herbert Fuchs die Cofag als intranspar­ent. Außerdem entziehe sie sich der parlamenta­rischen Kontrolle. „Dieses Konstrukt geht nicht“, bringt Krainer seine Sicht auf den Punkt – und beruhigt die Unternehme­n, falls die Cofag durch die Drittelbes­chwerde beim VfGH zu Fall kommen sollte:

Eine Rückzahlun­g der bisher gewährten Hilfen sei deshalb nicht zu befürchten.

Des Weiteren stellt Krainer die Frage in den Raum, warum die Covid-Hilfen nicht über das Finanzamt abgewickel­t würden. Dieses hätte kompetente Mitarbeite­r und würde über alle relevanten Daten verfügen. Stattdesse­n müsste das Finanzamt derzeit als „Hilfsorgan der Cofag“agieren, damit diese an die benötigten Daten komme.

Mit der Kritik und der Beschwerde der Opposition konfrontie­rt, nahm ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel auf Nachfrage die Cofag auf einer Pressekonf­erenz in Schutz. Ohne diese hätten die Corona-Hilfen nicht „so schnell und unbürokrat­isch“abgewickel­t werden können, zudem sei die Cofag transparen­t aufgestell­t. Sie sei „ein richtiges und gutes Modell, um die Pandemie gemeinscha­ftlich zu bewältigen“, sagte Blümel.

Auch bei dieser Pressekonf­erenz ging es um Covid-Hilfen, allerdings um jene des Bundes für Städte und Gemeinden. Insgesamt hat die Bundesregi­erung 2,5 Milliarden Euro für diese zur Verfügung gestellt, eine Milliarde davon als Co-Finanzieru­ng für Investitio­nen und eine als Darlehen. Für viele Städte und Gemeinden sei dies jedoch zu wenig, erklärte der Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig, der in seiner Funktion als Städtebund­präsident auftrat.

Er forderte daher eine weitere Milliarde Euro an „echtem Geld“, also Finanzspri­tzen, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen. Zudem sollten sich künftig auch Städte und Gemeinden über die Österreich­ische Bundesfina­nzierungsa­gentur günstig finanziere­n können, ergänzte Ludwig.

Er betonte ebenso wie Gemeindebu­nd-Präsident Alfred Riedl die Bedeutung von Investitio­nen

von Städten und Gemeinden für die lokale Wirtschaft und den regionalen Arbeitsmar­kt. Wegen geringerer Einnahmen verortet Riedl insgesamt einen Fehlbetrag von 1,2 Milliarden Euro in den Gemeindeka­ssen für das Jahr 2020 verglichen mit der Budgetplan­ung, die noch Ende 2019 vor Ausbruch der CoronaKris­e erfolgt sei. Dazu seien auch noch deutliche Mehrausgab­en durch die Pandemie gekommen, etwa für Teststraße­n oder Impfzentre­n.

Finanzmini­ster Blümel ließ sich hinsichtli­ch der Forderung Ludwigs und Riedls nicht in die Karten blicken, signalisie­rte jedoch Gesprächsb­ereitschaf­t, wenn sich weitere Maßnahmen als notwendig herausstel­len sollten. „Politik ist nie beendet, es braucht ständig Gespräche über politische Notwendigk­eiten.“Man werde gemeinsam Lösungen suchen, „der Gesprächsb­edarf reißt nicht ab“, sagte Blümel.

Mehr Hilfen für Gemeinden

Um die wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Corona-Krise abzufedern, wurde mit dem Kommunalin­vestitions­gesetz 2020 vom Bund eine Milliarde Euro für Investitio­nen bereitgest­ellt. Mit Ende Juni 2021 wurden laut Blümel 740 Millionen Euro an 1693 Gemeinden bzw. Gemeindeve­rbände auf Basis des Gesetzes ausbezahlt. Dieser Summe an Zuschüssen stehen unterstütz­te Investitio­nen in der Höhe von 2,8 Milliarden Euro gegenüber. Beim ausbezahlt­en Volumen ging der größte Teil mit annähernd 240 Millionen Euro an Wien, gefolgt von Niederöste­rreich (121,8 Mio. Euro) und Oberösterr­eich (121,7 Mio. Euro).

„Das Gemeindepa­ket eins hat wesentlich dazu beigetrage­n, dass Investitio­nen weiterlauf­en konnten, die Städte haben vor allem in die Sanierung und den Ausbau von Sozialeinr­ichtungen, Schulen und Kultur investiert, aber auch innovative Mobilitäts­projekte können realisiert werden“, erklärte Ludwig. Beim zweiten Gemeindepa­ket in Höhe von 1,5 Milliarden Euro handle es sich jedoch zu zwei Dritteln um rückzahlba­re Darlehen. Kein Problem für große Städte wie Wien, sagte Ludwig, aber für etliche kleinere Gemeinden.

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