Der Standard

So sprengt sie die alten Rahmen

Zum Auftakt von Impulstanz spielt Alexandra Bachzetsis einen „Private Song“

- Private Song

– „Framing“gibt es nicht nur im Bereich der Politik. Für die Kunst etwa meinte Jacques Derrida, dass diese von der Art abhänge, wie sie präsentier­t werde.

Alexandra Bachzetsis – als Tochter einer Schweizeri­n und eines Griechen nicht nur nationale, sondern auch Grenzgänge­rin zwischen darstellen­der und bildender Kunst, unterschie­dlichen Stilen und Medien – dreht die Sache in

um ein paar Grad und schlägt uns vor, von der Rahmung als Wahrnehmun­gsstrategi­e auszugehen.

Wichtiges Element ist die Musiktradi­tion des Rembetiko: jenes Stils, der sich in Griechenla­nd ab den 1930er-Jahren hauptsächl­ich unter Flüchtling­en entwickelt­e.

Wie bei Volksliede­rn oft üblich, geht es um die ewigen Qualen des Zwischenme­nschlichen. Die Identitäte­n sind klar, ein Mann ist ein

Mann, eine Frau eine Frau. Hier wendet Bachzetsis diesen „Rahmen“und bricht ihn. Sie beginnt als Weibchen in Latex und liefert einen Wrestlingk­ampf. Dazu kommen kodifizier­te Träume von Liebe (für Frauen) und von Krieg (für Männer).

Die große Frage: Wie führen wir uns auf zwischen all diesen Gesten, Archetypen, Rollen und Klischees? Wie füllen wir den Rahmen? (hein)

Wien – Vor drei Jahren wurde Trajal Harrell im Berliner Magazin Tanz zum „Tänzer des Jahres 2018“gewählt. Das hat den 1973 geborenen US-Amerikaner so widersprüc­hlich berührt, dass er aus diesem Anlass eine Soloarbeit geschaffen hat.

Diese wollte er schon 2019 in Wien zeigen – ein Unfall hat’s vereitelt. Jetzt tanzt der Dancer of the Year an.

Tänzerin des Jahres 2018 war übrigens die wunderbare Ballerina Polina Semionova. Bei der Abstimmung von 41 internatio­nalen Tanzspezia­listinnen und -experten reichten für beide je drei Stimmen.

Ambivalent ist Harrells Verhältnis zur Bühne. Eigentlich geht es ihm in einer Liveperfor­mance um das Zusammense­in von Performern und Publikum – „hier, jetzt, auf dem Planeten“, wie er sagt. Das Scheinwerf­erlicht selbst lässt ihn sich vielleicht eher fühlen wie eine „Katze auf dem heißen Blechdach“.

Von dem so betitelten TennesseeW­illiams-Stück ist die zweite Arbeit inspiriert, die Trajal Harrell mitbringt: Maggie The Cat. Das Gruppenstü­ck ist allerdings weniger eine Selbstverg­ewisserung wie Dancer of the Year, sondern ein Umkehrspie­gel von Williams’ Südstaaten­drama.

Den euroamerik­anischen „Big Daddy“darin ersetzt Harrell in seiner Performanc­e durch eine Big Mama of Color, die er selbst tanzt.

Für Voguing, die Spezialitä­t des Künstlers, schönen Catwalk und dazu eine gute Portion Rap ist dabei viel Platz und genügend Zeit.

Auf der Voguing-Welle ist der Choreograf in die Höhen seiner Bekannthei­t gesurft. Als Bonus für seine Fans zeigt er im Festival auch seinen Film Friend of a Friend: Tanz in der Pariser Fondation Cartier! (ploe)

Maggie The Cat, Akademieth­eater, 16. 7., 21.00 + 18. 7., 19.30; Friend of a Friend, Mumok-Kino, 18. 7., 21.00; Dancer of the Year, Odeon, 19. 7., 19.00 + 21.00

TIPP: „On the Road to Nowhere …“heißt ein hybrider „Performanc­e Situation Room“, in dem Kunst- und Tanzschaff­ende aus u. a. Slowenien, Schweden und Ungarn zeigen, woran sie zwei Jahre lang gearbeitet haben. Leopold-Museum, 24. 7., 19.30 + 26. 7., 19.00

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Was außerhalb des Bildrahmen­s passiert: Die Tänzerin Alexandra Bachzetsis bereitet eine Wende vor.
 ??  ?? „Maggie The Cat“ist ein zartes, aber auch starkes Werk, das bei bester Musik ab und zu aus der Bühne einen Laufsteg macht.
„Maggie The Cat“ist ein zartes, aber auch starkes Werk, das bei bester Musik ab und zu aus der Bühne einen Laufsteg macht.

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