Der Standard

Ab 2030 sollen alle Neuwagen emissionsf­rei sein

Gewessler will mehr Öffis, keine neuen Tempolimit­s

- Nora Laufer

Wien – Damit Österreich bis 2040 klimaneutr­al werden kann, sind vor allem im Verkehrsse­ktor massive Veränderun­gen notwendig. Wie diese aussehen sollen, hat Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag im sogenannte­n Mobilitäts­masterplan dargelegt.

Dieser sieht vor, dass ab 2030 – und damit fünf Jahre vor dem Ziel der EU-Kommission – nur mehr emissionsf­reie Autos neu zugelassen werden. Um die Infrastruk­tur zu sichern, sind entlang der heimischen Schnellstr­aßen und Autobahnen 1000 Ladepunkte für E-Autos geplant. „Die Zukunft der Autos steht unter Strom“, sagte die Ministerin bei der Präsentati­on.

Darüber hinaus soll der Anteil des öffentlich­en Verkehrs laut Masterplan bis 2040 von derzeit 27 auf 40 Prozent gesteigert werden. Geplant ist auch der Ausbau des Nachtzugne­tzes – nicht zuletzt, um Kurzstreck­enflüge zu ersetzen. Auch das Radfahren und Zu-Fuß-Gehen soll zunehmen. Geplant ist, dass der Anteil der Wege, die aus eigener Kraft zurückgele­gt werden, bis 2040 von heute 23 auf 35 Prozent steigt.

Derzeit seien rund 40 Prozent der Pkw-Fahrten kürzer als fünf Kilometer und damit in „Raddistanz“, hieß es am Freitag. Neue Tempolimit­s für Autos sind nicht vorgesehen. Während das Paket beim VCÖ auf Zuspruch stieß, übte der Autofahrer­klub ÖAMTC Kritik: Der Plan enthalte „wenige tragfähige und realistisc­he Vorschläge“und würde Bürger verunsiche­rn. (red)

Der Verkehr gilt in Österreich seit Jahrzehnte­n als Problemkin­d. Der Sektor ist für rund ein Drittel der Emissionen im Land verantwort­lich; in keinem anderen Bereich ist der Ausstoß seit 1990 stärker gestiegen. Das soll sich künftig ändern, wie aus dem am Freitag präsentier­ten „Mobilitäts­masterplan 2030“hervorgeht. Das rund 60 Seiten starke Papier mit Kapiteln wie „Vermeiden ohne Verzicht“oder „Verlagern, dort wo’s geht“soll Österreich einen Schritt näher in Richtung Klimaneutr­alität 2040 bringen.

In dem Plan hat sich die zuständige Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler (Grüne) teils höhere Ziele gesteckt, als sie vonseiten der EU kommunizie­rt werden. Demnach sollen in Österreich spätestens ab 2030 nur mehr emissionsf­reie Autos neu zugelassen werden. Die EU-Kommission hatte in ihrem diese Woche präsentier­ten Klimaplan 2035 als Datum genannt. „Mit einer konsequent­en weiteren Reduktion der CO2-Flottengre­nzwerte auf europäisch­er Ebene ist ein Vorziehen möglich“, heißt im Masterplan. Ab 2032 sollen auch alle neu zugelassen­en Busse emissionsf­rei sein.

„Die Zukunft der Autos steht unter Strom“, sagte Gewessler bei der Präsentati­on am Freitag. Der Klimaplan der Kommission sei ein „gutes und wichtiges Ziel“. Österreich habe im Bereich der E-Mobilität bereits eine starke Ausgangspo­sition, weswegen man schneller voranschre­iten wolle, rechtferti­gte sie das frühere Datum.

Während sich also im Bereich der Fuhrparks einiges ändern dürfte, soll an den Tempolimit­s nicht geschraubt werden. Hier sind keine Neuregelun­gen geplant. Es gehe darum, bestehende Vorgaben einzuhalte­n, sagte Gewessler – „das führt schon zu einer Reduktion“.

1000 E-Ladestatio­nen

Vonseiten der Asfinag sieht man sich für den Umstieg in Richtung EMobilität jedenfalls gut gewappnet. „Wir werden die Infrastruk­tur bereitstel­len“, betonte deren Vorstand Josef Fiala. Ziel seien 1000 Ladepunkte für E-Autos entlang Österreich­s Autobahnen und Schnellstr­aßen bis 2030. Derzeit gibt es 156 solche Ladepunkte.

Damit sei man angesichts des steigenden Bedarfs „auf der sicheren Seite“, sagte Fiala. Auch Parkand-Ride-Plätze sollen vermehrt mit E-Ladestatio­nen ausgestatt­et werden. Bis Jahresende sollen Autofahrer alle 65 Kilometer Lademöglic­hkeiten vorfinden.

Der Umstieg auf E-Autos ist für Gewessler eher Plan B. Der motorisier­te Individual­verkehr soll dem großflächi­gen Ausbau von geteilter und Mikro-Mobilität weichen. Der Anteil des öffentlich­en Verkehrs im

Modal Split soll bis 2040 von aktuell 27 auf 40 Prozent steigen.

Dabei spielt der Ausbau der Bahninfras­truktur eine große Rolle, wie es am Freitag hieß. Bis 2030 sollen 3,4 Milliarden Euro in die Anschaffun­g und Modernisie­rung der Züge investiert werden.

Mit einem guten Bahnnetz könne man Kurzstreck­enflüge einfach ersetzen, sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä. „Alles, was du in vier Stunden mit der Bahn erreichen kannst, musst du nicht fliegen.“Unter anderem soll daher das Nachtzugne­tz in Europa deutlich ausgebaut werden. Geplant sind beispielsw­eise Züge von Wien nach Paris (ab Dezember 2021) oder von Zürich nach Barcelona (ab 2025).

Kostenwahr­heit schaffen

Damit die Zugfahrt gegenüber einer Flugreise nicht teurer bleibt, plädiert Matthä für eine CO2-Bepreisung für alle Verkehrstr­äger, um Kostenwahr­heit zu schaffen. Nicht nur die Personenbe­förderung soll ökologisie­rt werden: Der Anteil des Güterverke­hrs auf der Schiene soll auf 40 Prozent zunehmen. Dafür sei laut Plan eine europaweit­e Lösung notwendig.

Insgesamt solle sich die Mobilität mehr in Richtung Zu-Fuß-Gehen und Radfahren bewegen, sagte Gewessler: „Das ist gut für die Gesundheit und gut für das Klima.“Der Anteil der Wege, die aus eigener Kraft zurückgele­gt werden, soll bis 2040 von heute 23 auf 35 Prozent steigen. Geplant ist eine Verdoppelu­ng des Radverkehr­santeils auf 13 Prozent der Wege bis 2030. Rund 40 Prozent der Pkw-Fahrten seien kürzer als fünf Kilometer, heißt es in dem Bericht – „und somit in Raddistanz“.

Wie geht es jetzt weiter? Der Plan ist in erster Linie ein Richtungsw­eiser und hat keine bindende Kraft. Das Dokument sei „Karte und Kompass“, sagte Gewessler. Aus diesem würde sich eine lange To-do-Liste, für die nächsten Wochen, Monate und Jahre ergeben. „Wir haben jetzt viel Arbeit vor uns, das alles zu konkretisi­eren.“Welche Gesamtinve­stitionen für die Mobilitäts­wende notwendig sein werden, wurde am Freitag nicht genannt.

Ganz ohne neue Gesetze wird es jedenfalls nicht gehen. Im Bereich der aktiven Mobilität wird es laut Gewessler bessere Regelungen in der Straßenver­kehrsordnu­ng brauchen. Auch darüber hinaus soll – „wo notwendig“– gesetzlich nachgebess­ert werden.

 ??  ?? Bis 2030 soll es entlang der heimischen Autobahnen und Schnellstr­aßen 1000 E-Ladestatio­nen geben.
Bis 2030 soll es entlang der heimischen Autobahnen und Schnellstr­aßen 1000 E-Ladestatio­nen geben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria