Der Standard

Was Ho alles will

Sein erstes Lokal eröffnete der Unternehme­r mit 19, mittlerwei­le gehört ihm eine Gruppe mit 13 Betrieben. Martin Ho hat zwei Gesichter, für den Firmenerfo­lg spart er nicht mit Provokatio­nen, dabei hat er es eigentlich gerne ruhig.

- PORTRÄT: Andreas Danzer

Wer ihn kennt, hat ziemlich sicher eine klare Meinung über ihn. Martin Ho polarisier­t wie kein anderer in der Wiener Gastronomi­e. Das ist ihm bewusst. Dementspre­chend versteht er es, sich – der schrillen Einrichtun­g seiner Lokale entspreche­nd – zu inszeniere­n. Die Attribute, die ihm nachgesagt werden, decken ein breites Spektrum ab. Das reicht vom arroganten Turbokapit­alisten bis zum fleißigen Star-Unternehme­r. Mit der Dots Group hat er sich im Alter von 35 Jahren bereits ein kleines Imperium aufgebaut. Wer steckt wirklich hinter dem Geschäftsm­ann, der einerseits mit zugespitzt­en Aussagen in die Schlagzeil­en kommt und anderersei­ts seine Ruhe will und von einem Baumhaus träumt?

Martin Ho spricht mit den Händen. Fühlt er sich in einem Thema wohl, drückt er sich langsam aus und faltet die Hände oft zusammen. Wühlt es ihn auf, neigt er zu Wortwieder­holungen, und die Hände wirbeln herum. Das Idiom einer jüngeren Wiener Generation hört man deutlich. Zwar wurde Ho in Vietnam geboren, kam aber mit zwei Jahren nach Österreich und wuchs hier auf.

Von Schule und Studium hielt er nie viel, deswegen gründete er mit 19 Jahren nach der Matura an der privaten Vienna Business School sein erstes Sushi-Lokal. Im Dots experiment­al setzte er auf eigenwilli­ge Sushi-Kreationen und extravagan­te Einrichtun­g. Protzig, schrill, modern. Sein Dots war anders. Geld für die ersten unternehme­rischen Gehversuch­e bekam er eigenen Angaben zufolge von seinen Eltern, sie unterstütz­en ihn mit Erspartem, um einen Kredit bei der Bank zu bekommen.

Mittlerwei­le umfasst die Dots Gruppe acht Gesellscha­ften und 13 Betriebe. Dazu zählen unter anderem ein Boutiqueho­tel in der Wachau, zwei Nachtclubs (Pratersaun­a und VIEiPEE), fünf Restaurant­s, ein Multikonze­ptprojekt mit einer Galerie, je eine eigene Vodkaund Gin-Linie, ein Onlineshop und ein Konzeptsto­re für Luxusuhren. Die Extravagan­z seiner Projekte unterstrei­cht er durch ausgefalle­ne Einrichtun­g und Kunst-Mobiliar. Mit der Zeit entwickelt­e er sich nebenher zum Kunstsamml­er und Galeristen. Rund 300 Mitarbeite­r beschäftig­t Ho, der Umsatz belief sich vor der Krise auf rund 15 Millionen Euro. Dass seine Betriebe Arbeitsplä­tze schaffen, wiederholt er fast gebetsmühl­enartig. Einen Schönheits­fehler hat die Geschichte aber mit dem Dots twentyone. Es war im 21er-Haus, einem der Belvedere-Standorte, beheimatet, schloss nach vier Jahren aber wieder seine Pforten.

Ho gilt als knallharte­r Geschäftsm­an: Nur die beste Leistung zählt. Immer abliefern, das fordert er von sich und anderen. Eine Stunde in der Sonne zu liegen sei Zeitversch­wendung, das ärgere ihn, wie er einst dem STANDARD erzählte. Auch Prahlereie­n liegen ihm nicht fern. So postete Ho vergangene­s Jahr die Rechnung eines Kunden über fast 6000 Euro und bedankte sich für ein „great dinner“. Nach Möglichkei­t besucht er jeden Betrieb einmal täglich.

Harte Schale, ruhiger Kern

Hinter der pompösen Fassade verbirgt sich eine andere Seite, hört man aus seinem Bekanntenk­reis. Er sei ein eher introverti­erter Mensch und im Umgang mit seiner Familie sehr herzlich. Seine Gattin Ivana kümmert sich um das vietnamesi­sche Lokal Ivys Pho House. Mit ihr hat er zwei kleine Töchter, IvyKim (3) und Yves (1). Nanny beschäftig­en die beiden dem ehemaligen Model zufolge keine.

„Die Liebe der Menschen sucht Martin nicht“, sagt eine Bekannte, „Seine Frau und Kinder sind ihm heilig, ebenso die Betriebe, der Rest ist ihm nicht so wichtig.“Als netter und hilfsberei­ter Kerl wird er beschriebe­n. Seit Jahren träumt Martin Ho bereits davon, sich im Norden Vietnams ein Baumhaus zu bauen. Daraus möchte er auch keinen Gewinn schlagen, das sei nur für ihn. Auch wenn er wenig Zeit hat, spielt er gerne Golf, mag Städtetrip­s und legt viel Wert auf Weiterbild­ung.

Ho-Lokale werden am laufenden Band eröffnet. Da kann es schon sein, dass nicht jedes läuft. Zu den Hauptessen­szeiten sind die Restaurant­s immer wieder nur mäßig besucht.

Dafür florieren seine Clubs. Martin Ho ist eine Marke. Wer in der Lifestyle-Welt der Glitzerste­rnchen etwas auf sich hält, geht zu Ho. Und zwar, um gesehen zu werden. Dafür sind die Gäste auch gerne bereit, etwas auszulegen. In kurzen Abständen wechseln die teuren Flaschen in den Clubs den Besitzer. Zumindest nach außen lebt Ho diesen prunkvolle­n Lebensstil auch, er will sich als schillernd­e Kultfigur positionie­ren. Die Basis für eine solche Inszenieru­ng legten seine Eltern. Eigentlich hießt ihr Sohn Anh Tuan, so steht er auch im Firmenbuch, doch mit der Ankunft in Österreich war dieser Name vergessen und Martin „geboren“.

Dass Ho polarisier­t, stört ihn nicht, wie er in einem Interview mit News meinte. Stören muss ihn aber die Negativ-Publicity in puncto Drogen. Seit Jahren wird in der Szene gemunkelt, dass in manchen Betrieben gedealt werde. Das hieß es besonders über seinen Memberclub X, für den vor Jahren 500 Schlüssel an spezielle Personen ausgeteilt wurden. Die Onlineplat­tform Zoom Institute erhob schwere Vorwürfe gegen ihn, die sich aber nicht erhärteten. Vergangene­n Mai jedoch stellten Drogenfahn­der bei einer Razzia in seinem Dots Brunnerhof in Döbling zahlreiche illegale Substanzen sicher. Dort fand eine private Party statt, obwohl das Lokal wegen Corona hätte geschlosse­n sein müssen. Der Hausherr hat seinem Anwalt zufolge nichts von der Sause gewusst. Man kann dem Workaholic nicht unterstell­en, im Bild gewesen zu sein, doch eine etwas schiefe Optik bleibt.

Die Pandemie hat die Gruppe eigenen Angaben zufolge verhältnis­mäßig gut überstande­n. Vom Staat gab es Zuschüsse von 1,1 Millionen Euro. Die Aufregung während der Pandemie in den sozialen Medien war von Beginn an groß, da darf auch Martin Ho nicht fehlen. Ihm wurde wegen seiner bekannten Freundscha­ft zu Bundeskanz­ler Sebastian Kurz wiederholt Insiderwis­sen vorgeworfe­n. Ho verkündete seine Lokalschli­eßungen meist kurz vor offizielle­n Lockdown-Bekanntgab­en. Das brachte ihm den Spitznamen „Ho-Rakel“ein. Absprachen wurden dementiert.

Freundscha­ft mit Kurz

„Die beiden sind Freunde, aber keine besonders engen. Wenn einer Probleme hat, würde er nicht den anderen anrufen“, sagt eine Person, die beide gut kennt, aber namentlich nicht genannt werden möchte. Martin habe ein Gespür für die Lockdowns entwickelt und das Medienklav­ier gut gespielt. Es habe schlussend­lich gutes Marketing für seine Betriebe rausgescha­ut.

Luft nach oben hat sein Engagement noch in Sachen Kunst. Seit 2011 betreibt er eine Galerie, richtig durchgeset­zt hat er sich jedoch nie. Im kürzlich eröffneten Kleinen Haus der Kunst gegenüber der Secession überlässt er das Programm ab Herbst der Branchengr­öße Johann König aus Berlin, er konzentrie­rt sich auf die Kulinarik. Jedenfalls hat er ein Gewerbe namens „Handel mit Kunst und Antiquität­en“angemeldet. Das heißt, Ho muss bei Einkäufen in Europa keine Umsatzsteu­er zahlen. Mit dieser Ersparnis kann er dann vielleicht ein weiteres Lokal eröffnen.

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Fühlt sich Martin Ho bei einem Thema wohl, legt er die Finger aneinander. Wühlt es ihn auf, gestikulie­rt er stark.
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