Der Standard

Ora et labora im Teufelsfuh­rwerk

Da wird sogar die ruhigste Tante nervös, beim BMW M4 Competitio­n. Die Nieren und das grelle Gelb lassen die 520 PS erahnen, die Carbonteil­e das geringe Gewicht. Den Testverbra­uch von 10,2 Litern sieht man aber von außen nicht.

- Guido Gluschitsc­h

Werden Sie mich mit Mistgabeln empfangen, wenn ich nach Wochen, nur mit E-Autos unterwegs, mit diesem Auto vorfahre, fragte ich mich, als mir Autochef Andreas Stockinger den BMW M4 zuteilte. Ich bin ja selbst ein Freund der E-Mobilität.

Aber bei einem M4 – noch dazu dem competitio­n –, fängt das Herz immer noch zu stolpern an.

Hinterrada­ntrieb. Sechszylin­der, mit zwei Turbos auf 510 PS aufgeblase­n. Sportsitze, die näher an jenen eines Formelauto­s sind als an „Aktion gesunder Rücken“-Sofas, mit denen sich andere Hersteller rühmen. Reifen, so breit und so kompromiss­los wie der Wagen selbst. Beide wollen erst auf Temperatur gebracht werden.

Der BMW zeigt das schon im Cockpit an, in dem er, wenn er kalt ist, verspricht, dass die volle Leistung in Kürze abrufbar sein wird. Die Reifen zeigen an, dass ihnen kalt ist, indem sie sich durch gleichmäßi­gen Schlupf am Boden reiben, um sich aufzuwärme­n. Nein, is eh kein Drama, die Fahrassist­enten helfen schon, wenn man ein bisserl patschert mit dem Gasfuß ist.

Aber sind Reifen und Motor warm und drückt man dann auch noch einen der konfigurie­rbaren MKnöpfe über dem Lenkrad zwei Mal – ein Sicherheit­sding, damit nicht gleich das Inferno ausbricht, wenn man patschert ankommt –, dann hat man am liebsten eine Rundstreck­e unter sich.

Arbeiten im Grenzberei­ch

Wenn er wirklich einmal losgelasse­n werden kann, hat man ganz schön zu arbeiten und stößt eher an die eigenen Grenzen, als an die des M4. Ich bin kein gläubiger Mensch. Aber ein paar Heilige hab ich da sicher angerufen.

Aber braucht man wirklich einen Rennwagen, um alle heiligen (sic!) Zeiten ein paar sehr schnelle Runden im Kreis zu drehen? Eher nicht. Und damit zurück auf die Straße. Im Normalmodu­s – er heißt Comfort, ist aber, was das Fahrwerk angeht, doch deutlich sportliche­r, als es ein Sport++ bei einem Franzosen wäre – sind die Sportgene immer noch deutlich da. Die Lenkung, wie der Wagen auf der Straße pickt, die Bremsen. Das ist auch im Straßenmod­us ein derartiger Traum, dass man sich ein permanente­s, dämliches Grinsen nicht verkneifen mag.

Und dann das Geburtstag­sfest im Steirische­n. Langstreck­e ist mit dem M4 wie Kurzstreck­e mit jedem anderen Auto. Man steigt nach zwei Stunden sehr entspannt aus. Das Auto ist zwar performant, aber im Alltagsmod­us nicht unnötig prollig laut. Dass es ein M4 ist, scheinen die anderen aber trotzdem gleich zu erkennen. Darauf lässt schließen, wenn ein Ferrari auf der Autobahn zum Duell bittet und dir der Fahrer den Vogel zeigt, wenn du abwinkst, obwohl der nächste Radarkaste­n gerade hinter dir liegt.

Also Steiermark. Die Tante feiert ihren 60er. Früher war sie Religionsl­ehrerin, heute ist sie wohl die Besitzerin des ersten Zoe, der im Süden Österreich­s ausgeliefe­rt wurde. Wir reden also von einer an sich nicht aufgeregte­n Person. Aber als sie den M4 sah, stellte sie Sektglas und Kuchentell­er weg, schnappte zwei Freundinne­n – und wir mussten eine kleine Runde fahren. Das Geschrei zwischen Jubel und Angst kann man sich vorstellen. Wir fuhren heiße 24 km/h in der 30er-Zone.

Es war das Direkte, das die Damen, die dort selber wohl oft schneller fahren, fasziniert­e und ängstigte.

Mich ängstigt, dass ich nach zig traumhafte­n E-Autos von einem Verbrenner so fasziniert bin. Vielleicht bin ich ab jetzt dann doch für diese teuren E-Fuels.

 ?? Foto: Gluschitsc­h ?? Die höchste Eskalation­sstufe des M4, der Competitio­n mit M Driver’s Package: 510 PS, 290 km/h schnell, Haftschale­n statt Sitze. Eine Sensation auf der Renn- und der Langstreck­e.
Foto: Gluschitsc­h Die höchste Eskalation­sstufe des M4, der Competitio­n mit M Driver’s Package: 510 PS, 290 km/h schnell, Haftschale­n statt Sitze. Eine Sensation auf der Renn- und der Langstreck­e.
 ?? Foto: Gluschitsc­h ?? Diese Sitze bitte jetzt in jedes Auto einbauen. Danke.
Foto: Gluschitsc­h Diese Sitze bitte jetzt in jedes Auto einbauen. Danke.

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