Der Standard

Welcome to Absurdista­n

- Gregor Auenhammer

Auch wenn die letzte Klappe von Monty Pythons Flying Circus längst gefallen ist, die geniale Truppe um John Cleese und Terry Giliam fast schon eine Ewigkeit Geschichte ist, Humor in Zeiten wie diesen längst „ad patres“gegangen ist, Ironie und Satire gerade verpönt sind; wahrschein­lich weil die gesellscha­ftspolitis­che Realität diese schon längst links überholt hat, lebt der Geist der Monty Pythons subkutan weiter. Man könnte Planungen (sofern der Terminus in diesem Fall überhaupt angebracht erscheint) wie beim Bau der sinnlosest­en UBahn-Linie der Welt im siebenten Bezirk als Hommage an den „gespielten Witz“von Didi Hallervord­en interpreti­eren, manch NLP-Gebrabbel der P. T. Würdenträg­er als Realsatire sehen – von behördlich dekretiert­er Soziopathi­e ganz zu schweigen. Nichtsdest­oweniger existieren subversive Kräfte, sublime Elemente, die sich nicht kampflos in innere Emigration zurückzieh­en, als wäre ein Schneckenh­aus der Evolution Ultima Ratio. Mäddel Fuchs zählt offensicht­lich zur seltenen, vom Aussterben bedrohten Spezies von Freigeiste­rn, die weder ihr Gehirn an der Garderobe abgeben noch sich den Mund verbieten lassen. Der 1951 in Zürich geborene Fotograf arbeitete, nachdem er als Autodidakt in seinem Beruf seine Berufung gefunden hatte, zunächst als Reporter für die Neue Zürcher Zeitung und seit den 80er-Jahren freischaff­end an Langzeitpr­ojekten. Topoi sind Absurdität­en, Clownerien und Grotesken des Alltags: Schilderwä­lder, Graffiti, Menükarten, Plakate – in ihrer Ordnung und Unordnung, mit orthografi­schen Fehlern, grammatika­lischen Schwachsin­nigkeiten und sinnentlee­rten Verhaltens­originalit­äten. Fuchs zeigt nicht mit dem Finger auf jemanden, sondern feiert das Leben als große Schmierenk­omödie. Applaus!

Mäddel Fuchs, „Irgendwo und überall“. € 47,10 / 168 Seiten. Verlag Scheidegge­r & Spiess, Zürich 2021

Gedicht

Was sich wohl Sternschnu­ppen wünschen, so kurz vor ihrem Tod?

Und wie begatten sich Sonnenstra­hlen? Im Untergehen?

Im Auferstehe­n?

Es steigt der Nacht die Morgenröte ins Gesicht.

Andrea Drumbl, unveröffen­tlicht

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