Der Standard

Vorbereite­n auf den Stromausfa­ll

Laut Landwirtsc­haftsminis­terin ist am verspätete­n Bau des Halleiner Hochwasser­schutzes der Naturschut­zbund schuld. Die NGO hat nur eine Variante beeinspruc­ht. Der Ortschef will kein Politikum aus der Sache machen.

- Stefanie Ruep

Während in Hallein Feuerwehrl­eute, freiwillig­e Helfer und Bundesheer die Schäden und den Schlamm, die die Flut in der Altstadt hinterlass­en hat, beseitigte­n, startete das Landwirtsc­haftsminis­terium noch am Sonntag per Aussendung mit den Schuldzuwe­isungen. Das Genehmigun­gsverfahre­n für die Verbauung am Kothbach, der über die Ufer getreten ist, laufe seit 2016 und konnte „aufgrund von Einsprüche­n des Naturschut­zbundes Salzburg bis Ende 2020 nicht umgesetzt werden“.

Das sieht die angesproch­ene Umweltschu­tzorganisa­tion freilich anders. „Jetzt zu sagen, dass das Projekt aufgrund eines Einspruchs nicht schon fertig ist, ist Abschieben von Verantwort­ung“, sagt der Geschäftsf­ührer des Salzburger Naturschut­zbundes, Hannes Augustin. Man habe nur einen Teil des Projekts kritisch gesehen.

Der Halleiner Bürgermeis­ter Alexander Stangassin­ger (SPÖ) ist nicht daran interessie­rt, aus dieser Angelegenh­eit ein Politikum zu machen. „Das bringt niemanden etwas.“Tatsache sei, dass es Einwendung­en von Naturschut­zseite und Anrainern gegen das Projekt gegeben habe. „Wenn es diese Verzögerun­g nicht gegeben hätte, hätten die Überschwem­mungen ein viel geringeres Ausmaß oder ganz verhindert werden können“, sagt Stangassin­ger.

Bau im Herbst begonnen

1976 trat der Kothbach schon einmal über die Ufer und war seither als Gefahrenqu­elle bekannt. Eine Verbauung des Baches war ab 2014 geplant. 2016 gab es von Bund und Land dafür eine Genehmigun­g. Ohne die Einsprüche hätte man 2019 mit dem Gesamtproj­ekt beginnen können, heißt es vom Sprecher der Stadt Hallein. Dann wäre man bereits mit zwei von drei Phasen der Verbauung fertig. Doch mit dem sechs Millionen Euro teuren Hochwasser­schutz samt Rückhalteb­ecken wurde erst im Herbst des Vorjahres begonnen. Vor zwei Monaten hat der Verwaltung­sgerichtsh­of die Revision als unbegründe­t abgewiesen.

Dem Naturschut­zbund ging es bei dem Einspruch nicht darum, das Projekt zu verhindern, sondern um die Art der Verbauung. Eine landschaft­sverträgli­che Variante wäre durchaus möglich gewesen. Das bestätigt man auch bei der Stadt Hallein. Doch für die Alternativ­variante

hätte man die Zustimmung eines Bauern gebraucht, auf dessen Grund ein natürliche­s Retentions­becken geplant gewesen wäre. Dieser wollte jedoch nicht, dass die Wiese bei Hochwasser zerstört werde, und habe Nein gesagt, heißt es von der Stadt. Stattdesse­n soll nun eine Staumauer mit einem künstliche­n Rückhalteb­ecken errichtet werden.

Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP) geht auf die Umweltschü­tzer los und erklärt per Aussendung: „Ich habe nicht das geringste Verständni­s dafür, dass Genehmigun­gsverfahre­n durch NGOs über Jahre hinweg verzögert werden und damit einen wirksamen Schutz von Menschen und Gütern verhindern.“Die Einsprüche hätten das Ziel gehabt, wirksame Sperrbauwe­rke zu verhindern, weil man das Landschaft­sbild gefährdet sah, betont das Ministeriu­m.

Die Klubchefin der Salzburger Grünen und Stadträtin in Hallein, Kimbie Humer-Vogl, zeigt sich verwundert darüber, dass das Land

wirtschaft­sministeri­um den Naturschut­zbund als Schuldigen hinstellt: „Dessen Beeinspruc­hung erklärt nicht, weshalb auch die anderen geplanten Hochwasser­schutzmaßn­ahmen im Hinterland noch nicht fertig sind.“Denn der Einspruch habe nur einen Zulauf betroffen. „Anstatt Sündenböck­e zu suchen, braucht es jetzt rasche Unterstütz­ung für die Betroffene­n und einen Schultersc­hluss der Politik“, sagt Humer-Vogl.

Schäden in Millionenh­öhe

In Hallein laufen die Aufräumarb­eiten weiterhin auf Hochtouren. Am Montag war das Schadensau­smaß noch nicht abschätzba­r. Laut Ortschef dürfte es Verluste in Millionenh­öhe geben, diese zu beziffern könnte jedoch noch Wochen und Monate dauern. Am Vormittag konnten 50 Personen weiter nicht in ihre Häuser und Wohnungen. 30 davon waren vorsorglic­h evakuiert worden, weil im Ortsteil Gamp weiter Murengefah­r besteht.

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Nach dem Hochwasser in Hallein wird nun über die Verzögerun­g beim Bau des Hochwasser­schutzes debattiert.

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