Der Standard

Wortkarge Regierung nach Kritik wegen später Flutwarnun­g

Bund „fokussiert auf Hilfe“, Söder fordert „Klimaruck“

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Wann wurde wer wie informiert über die drohende Flutkatast­rophe in Nordrhein-Westfalen und RheinlandP­falz? Nach Kritik, dass Meldekette­n nicht lückenlos waren, die Notfall-Informatio­ns- und Nachrichte­n-App (Nina) des Bundesamte­s für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK) nicht überall funktionie­rte oder Sirenen nicht überall geheult haben, weil es diese gar nicht überall gibt, sind viele Fragen offen. Die Antworten waren bei der Bundespres­sekonferen­z in Berlin am Montag aber spärlich.

Hintergrun­d der Kritik ist unter anderem, dass das europäisch­e Hochwasser­warnsystem EFAS schon Anfang der Woche eine extreme Flutwarnun­g herausgege­ben haben soll und auch der Deutsche Wetterdien­st (DWD) diese Warnung weitergele­itet haben sollte. Wann die Regierung aber gewarnt wurde, konnte die Sprecherin des Bundesmini­steriums für Verkehr und digitale Infrastruk­tur (BMVI), Lisa Herzog, den Journalist­innen auch Tage nach der Katastroph­e am Montag nicht sagen. Man solle doch beim Deutschen Wetterdien­st direkt nachfragen, so die überrasche­nde Antwort.

Der Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums, Sascha Lawrenz, erklärte, dass man ein im März vorgestell­tes Konzept des BBK abarbeiten müsse, die Auswertung der aktuellen Situation sei aber nicht abgeschlos­sen.

Die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Martina Fietz wich den anhaltende­n Fragen zur Verantwort­ung und dazu, ob diese auf Ländereben­e oder im Bund zu klären sei, mehrmals mit dem Hinweis aus, dass „jetzt der Fokus auf Hilfe“liege und die Aufarbeitu­ng solcher Fragen später erfolgen müsse.

Keine Zahlen

Zur Hilfe gab es dann auch wenig Konkretes, jedenfalls keine Zahlen. Es werde Soforthilf­e ebenso wie Aufbauhilf­e geben, Details werde der Bundesmini­ster der Finanzen, Olaf Scholz (SPD), am Mittwoch im Kabinett erörtern, so Ministeriu­mssprecher Dennis Kolberg.

Nach dem in seiner Gesamtheit wenig informativ­en Auftritt der Regierungs­vertreter gab es dann am späteren Nachmittag noch einen Nachtrag des BMVI per E-Mail. Demnach habe der DWD „bereits am Montagmorg­en, den 12. Juli 2021 um 6.00 Uhr, also zwei Tage vor dem Unwetter, über die bevorstehe­nden Starkregen­ereignisse informiert“. Diese Informatio­n sei „an die zuständige­n Katastroph­enschutzst­ellen der Länder, Landkreise und Kommunen“gegangen. Und: „Die konkret daraus abzuleiten­den Schutzmaßn­ahmen sind jeweils von den Einsatzkrä­ften vor Ort zu treffen.“Womit etwaige Verzögerun­gen eindeutig wohl bei den Ländern oder auf kommunaler Ebene zu suchen sein sollen. Der DWD sei seinem Auftrag „nachvollzi­ehbar“nachgekomm­en, heißt es in dem Statement eines Sprechers des BMVI weiter. Die EFAS erstelle ihrerseits Warnungen „auf Basis der mittelfris­tigen Vorhersage (14 Tage)“.

Für die beginnende Woche hielt der DWD jedenfalls eine Entwarnung für die nördlichen Gebiete des Landes bereit. Im Süden forderte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) indes einen „Klimaruck in Deutschlan­d“und kündigte eine diesbezügl­iche Regierungs­erklärung für Mittwoch an. (cms)

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