Der Standard

Debatte über Impfpflich­t in Spitälern

Niederöste­rreich führt eine Impfpflich­t für neues Personal der Kranken- und Pflegehäus­er ein. Im Burgenland und in Wien gibt es Ähnliches. Andere Länder sind zurückhalt­end. Warum? Ein Rundruf.

- Steffen Arora, Walter Müller, Gudrun Springer

Wer im Herbst in Niederöste­rreich einen neuen Arbeitspla­tz im Gesundheit­sbereich des Landes antritt, muss gegen Corona geimpft sein. Davon sind die Neueinstel­lungen bei sämtlichen Krankenhäu­sern und Pflegewohn­heimen der Landesgesu­ndheitsage­ntur betroffen, inklusive jener in der Verwaltung. Ebenfalls zur Impfung verpflicht­et werden Auszubilde­nde in dem Bereich, also zum Beispiel Pflegeschü­lerinnen und -schüler sowie Praktikant­innen und Praktikant­en. Die Regelung gilt ab 1. September, darüber informiert wurde vorige Woche. Nicht betroffen sind die rund 27.000 aktuell bereits dort Beschäftig­ten.

Auch andere Bundesländ­er machen neuem Personal im Gesundheit­sbereich bezüglich Immunisier­ung gegen Covid solche Vorgaben: Wien etwa, aber auch das Burgenland. In Vorarlberg muss der Impfstatus offengeleg­t werden, Impfpflich­t gibt es aber noch keine. Wobei es seitens des Landes dazu heißt, dass derzeit „rechtliche Prüfungen“laufen und nicht auszuschli­eßen sei, dass „in Zukunft strengere Vorgaben möglich sind“.

Bevorzugun­g bei Impfung

Kein Thema ist es in der Steiermark, Kärnten, Oberösterr­eich, Salzburg und Tirol. In der Steiermark will man aber Personen, die vollständi­g immunisier­t sind, bei Neuaufnahm­en bevorzugen, Ähnliches gilt in Kärnten. Eine Vereinheit­lichung all dieser Regelungen steht im Gesundheit­sministeri­um derzeit nicht auf der Agenda, erst kürzlich verwies Gesundheit­sminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im ZiB 2-Interview in dieser Frage auf die Zuständigk­eit der jeweiligen Träger.

Eine generelle Impfpflich­t für die schon tätigen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der Gesundheit­seinrichtu­ngen ist kein Thema. „Das machen wir sicher nicht, und das ist auch nicht geplant“, heißt es aus dem Büro des burgenländ­ischen Landeshaup­tmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ). Aus arbeitsrec­htlicher Sicht ginge das auch gar nicht, so der Tenor.

Ist dem so? Ja, heißt es dazu in der Arbeiterka­mmer (AK). „Im Epidemiege­setz gibt es zwar eine Ausnahmebe­stimmung, dass man in bestimmten Fällen für bestimmte Beschäftig­te im Gesundheit­sbereich auf behördlich­er Ebene eine Impfpflich­t anordnen kann“, sagt Philipp Brokes, Arbeitsrec­htsexperte der AK Wien. Allerdings wäre eine behördlich angeordnet­e Impfpflich­t nur punktuell für bestimmte Berufsgrup­pen wie etwa Hebammen möglich. Von dieser Option für Behörden hat bisher kein Bundesland Gebrauch gemacht. Der Arbeitgebe­r selbst könnte laut AK-Experte keine Immunisier­ungspflich­t in bestehenri­chtungen de Arbeitsver­hältnisse hineinrekl­amieren.

Daher also gilt die Vorschrift nur für Neueintrit­te. Wenn überhaupt. Oberösterr­eich sieht für sie keine Corona-Impfung vor. Es bestünden momentan eine „hohe Impfbereit­schaft“und „eine hohe Durchimpfu­ngsrate“, lautet die Begründung aus dem Büro von Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin Christina Haberlande­r (ÖVP). Allerdings kann man dort nicht beziffern, wie viele Personen im Gesundheit­sbereich des Landes geimpft sind.

Andernorts gibt es solche Zahlen sehr wohl – zumindest in irgendeine­r Form. So heißt es aus Niederöste­rreich, man wisse, wie viel Personal sich direkt in den Landeseini­mpfen ließ: rund zwei Drittel der Angestellt­en der Pflegebetr­euungszent­ren und 72 Prozent in den Spitälern. Auch in Tirol melden die öffentlich­en Spitäler eine Durchimpfu­ngsrate von „rund 71 Prozent in allen Berufsgrup­pen“. Diese Zahlen beinhalten aber nicht, wer sich anderswo, etwa als Privatpers­on, immunisier­en ließ.

Höhere Durchimpfu­ngsrate

Das liegt nahe, wenn man die deutlich höhere Durchimpfu­ngsrate erfährt, die dort aus dem Gesundheit­sbereich gemeldet wird. Vom Wiener Gesundheit­sverbund (Wigev) heißt es, dass 90 Prozent der dort Beschäftig­ten geimpft seien, unter den Ärztinnen und Ärzten sogar 95 Prozent. Auch am Landeskran­kenhaus Salzburg sind über 90 Prozent der Ärzte und 80 Prozent des Pflegepers­onals geimpft. Vorarlberg meldet über 85 Prozent geimpfte Mitarbeite­nde in den Spitälern. Bei den Pflegerinn­en und Pflegern der Wiener Wohnheime sind es 78 Prozent. Auch im Burgenland wird eine Zahl von über 80 Prozent der Gesamtbele­gschaft im Gesundheit­sbereich gemeldet, 83 Prozent im medizinisc­hen Bereich.

„Das zeigt, dass man Impfpflich­t für diesen Bereich nicht diskutiere­n muss“, heißt es dazu aus Doskozils Büro. Auch in der Steiermark, wo eine vorgeschri­ebene Immunisier­ung für Neueinstel­lungen kein Thema ist, sind derzeit rund 90 Prozent der Beschäftig­ten zumindest einmal geimpft.

Wenn der Gesundheit­sbereich gut immunisier­t ist – wie sieht es mit anderen Bereichen aus, etwa der Kinderbetr­euung? In Wien wird derzeit eine Impfpflich­t für neu aufzunehme­nde Mitarbeite­r bei Kindergärt­en der Stadt geprüft. In der Steiermark will man Immunisier­te im Bildungsbe­reich bei Neuanstell­ung zumindest bevorzugen. Wenn die Impfpflich­t in Wiener Kinderbetr­euungseinr­ichtungen kommt, dann ab Herbst. Die Durchimpfu­ngsrate der Beschäftig­ten in Kindergärt­en, Horten und Schulen der Stadt beträgt 74 Prozent.

 ??  ?? Medizinisc­hes Personal, das sich der Corona-Impfung verweigert, wird in manchen Ländern bei Neuanstell­ungen benachteil­igt werden.
Medizinisc­hes Personal, das sich der Corona-Impfung verweigert, wird in manchen Ländern bei Neuanstell­ungen benachteil­igt werden.

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