Wenn die Klänge Trauer tragen
Konzertauftakt der Salzburger Festspiele und ihrer „Ouverture spirituelle“mit Brittens „War Requiem“in der Felsenreitschule
Einst von Alexander Pereira erdacht, ist die „Ouverture spirituelle“an sich eine entschleunigte, nachdenkliche Eröffnung der Salzburger Festspiele. Die Organisatoren dürften die Rettung von Benjamin Brittens allerdings eher mit speziellem Planungsstress assoziieren als mit Kontemplation. Schließlich hatte das City of Birmingham Symphony Orchestra (und der CBSO-Chor) das „Ouverture“-Eröffnungs-Konzert absagen müssen. Mirga Gražinytė-Tyla dirigiert in der Felsenreitschule folglich ein Orchester/Chor-Mosaik:
Da verbindet sich das Mahler-Jugendorchester mit einer Gruppe des RSO Wien. Außerdem gesellte sich der Wiener Singverein zum Festspielchor (und dem Theater-Kinderchor). Organisatorisch eher ziemlich beeindruckend.
Klar: Gražinytė-Tyla (einst gewann sie den Young Conductors Award der Festspiele) hätte mit ihrem Birminghamer Kollektiv, das Brittens Antikriegswerk 1962 uraufgeführt hat, sicher prägnant umgesetzt. So unaufdringlich subtil der Farbwechsel von der Choralkantate
(Felix Mendelssohn) zum Beginn des Antikriegswerks von Britten gelang, so konsequent wurde dieser Ansatz auch im Requiem beibehalten.
Da war kein derbes Auftrumpfen. Es durchwirkte die Atmosphäre einer kammermusikalisch vermittelten Nachdenklichkeit alle Bereiche des Ausdrucks. Wie der Chor im
das angstvolle Beben
transportierte, wie Florian Boesch mit entrückter Lyrik Sätze wie „Ich bin der Feind, den du getötet hast, Freund“hauchte, zeigte, wie Transparenz und emotionale Unmittelbarkeit zu verbinden sind.
Auch der etwas expressivere Sopranton von Elena Stikhina fügte sich (wie auch der helle Tenor von Allan Clayton) ideal in das – jederzeit kitschfrei – berückende Klangbild dieser groß besetzten Poesie des Leids. Selbige erreichte denn auch zum Finale ihren Höhepunkt als diskrete – gewissermaßen aber hoffnungsvolle – Verschmelzung aller vokalen und instrumentalen Ebenen.