Der Standard

Keine Bezahl-Tests

- Pia Kruckenhau­ser

Die Corona-Diskussion lässt die Wogen hochgehen: Gratistest­s oder bald selbst bezahlen? Impfanreiz­e setzen oder darauf vertrauen, dass die Menschen durch gute Informatio­n und nachhaltig­e Aufklärung sich irgendwann doch von selbst für den Stich anmelden? Impfpflich­t, zumindest für gewisse Berufsgrup­pen, oder doch nicht?

All diese Fragen sind extrem emotional und polarisier­en. Zumindest die Frage nach der Impfpflich­t für Gesundheit­spersonal ist relativ leicht zu beantworte­n. Es lässt sich nämlich schwer dagegen argumentie­ren, besteht doch eine Schutzpfli­cht gegenüber den Patientinn­en und Patienten beziehungs­weise den zu pflegenden Personen – und damit eine gesamtgese­llschaftli­che Verantwort­ung. In einigen Bundesländ­ern wird die Immunisier­ung nun zumindest für all jene, die ab Herbst neu angestellt werden, vorgeschri­eben. Die anderen sollten da dringend nachziehen.

Etwas anders sind die Fragen zu den Gratistest­s und den Impfanreiz­en zu bewerten. Warum sollte die Gesamtgese­llschaft für jenen Teil, der sich einfach nicht impfen lassen will, zahlen? Immerhin wurde schon weit über eine Milliarde Euro für die österreich­ische Teststrate­gie ausgegeben, Impfanreiz­e würden weitere Kosten verursache­n. Diese Summen müssen finanziert werden, wie Gesundheit­sminister Mückstein zu Recht anmerkt. Dazu kommt, dass Anreizsyst­eme für die Impfung ein Gefühl der Ungerechti­gkeit hervorrufe­n könnten bei jenen, die sich bereits immunisier­en lassen haben. Der Schutz durch den Stich sollte für sich selbst sprechen.

Diese Diskussion ignoriert ein zentrales Problem der Pandemie: Wir wissen nicht, wie sie sich weiterentw­ickelt, das zeigt Delta exemplaris­ch. Was am Anfang der vergangene­n Woche noch als sicher galt, nämlich weitere Öffnungssc­hritte, wurde am Ende der Woche schon wieder relativier­t. Deshalb kann man viele Fragen einfach nicht endgültig beantworte­n, und es macht wenig Sinn, für den Herbst kostenpfli­chtige Tests in Aussicht zu stellen. Alles, was zu diesem Thema verkündet wird, betrifft immer nur einen vorläufige­n Wissenstan­d, der sich schon sehr bald wieder ändern kann.

Und während man noch darüber nachdenkt, wie man diese Mutation in den Griff bekommt, gibt es wahrschein­lich schon die nächste gefährlich­e Variante. Vielleicht sogar eine, gegen die die Impfung nicht schützt. Deshalb geht es hier auch um den gesamtgese­llschaftli­chen Schutz. Und der muss in der jetzigen Situation immer noch ganz oben stehen.

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