Steuerreform bringt fürs Wachstum vorerst nichts
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute heben ihre Prognosen für das laufende Jahr deutlich an. Die Steuerreform spielt dabei keine Rolle, ihre Auswirkungen auf die Konjunktur werden bescheiden bleiben.
Die Regierung rührt kräftig um, es ist nach eigenen Angaben die „größte Steuerreform aller Zeiten“in Planung, zumindest wenn die türkis-grüne Koalition weiter hält. Aber welche gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen haben die Senkung der Einkommensund Körperschaftssteuer und die anderen geplanten Maßnahmen? Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo haben sich dieser Frage im Rahmen einer am Freitag präsentierten Analyse angenommen. Zusammenfassung der Ergebnisse: Die Steuerreform dürfte auf die Konjunktur kaum Auswirkungen haben.
Woran liegt das? Es ist eine Folge der Pandemie. Der Lockdown im Zuge der Corona-Krise hat bei Haushalten, die keine Einkommensverluste erlitten haben, dazu geführt, dass sie viel weniger konsumieren konnten und mehr ansparten. Die Geschäfte haben nun wieder offen, der Konsumstau löst sich auf.
Die Haushalte, die das können, geben also kräftig Geld aus. Genau bei diesen Haushalten im oberen und mittleren Einkommenssegment wird die Regierung aber in den kommenden beiden Jahren entlasten, auf diese Gruppen zielen die Erhöhung des Kinderbonus und die Senkung der zweiten und dritten Tarifstufen ab. Doch diese Haushalte werden nicht noch mehr ausgeben können, für das Konsumwachstum ist „keine nennenswerte“Beschleunigung zu erwarten, so die Wifo-Ökonomen. Die Erhöhung der Nettoeinkommen werde weiter „in Ersparnisbildung fließen“.
Die Körperschaftssteuersenkung von 25 auf 23 Prozent soll immerhin für die Investitionen positive Effekte bringen, so das Wifo. Das Timing, die Senkung 2023 zu beginnen, sei richtig gewählt, weil 2023 die Wirkungen der Investitionsprämie auslaufen werden.
Das Wifo hat sich darüber hinaus angesehen, wie die Steuerreform insgesamt das Abgabengefüge verändert. Fazit: Die Schritte gehen in die richtige Richtung – insbesondere weil die Einkommenssteuer gesenkt und damit die Abgabenlast für Arbeitnehmer etwas reduziert werde, als Kompensation für die kalte Progression, also schleichende Steuererhöhungen.
Auch der Einstieg in die CO2-Bepreisung sei im Prinzip ein richtiger Schritt. Aber: Wesentliche „Defizite“des Systems blieben erhalten, so das Wifo, etwa bleibe die Abgabenbelastung der Arbeit zu hoch. Gefordert wird nicht nur eine Senkung der Lohnnebenkosten, sondern auch eine „stärkere Nutzung vermögensbezogener Steuern“, etwa der Erbschaftssteuer.
Was folgt aus der Kritik? Nicht, dass die Steuerreform abgeblasen werden sollte, im Gegenteil. Der neue Wifo-Chef Gabriel Felbermayr fordert die unbedingte Umsetzung der Reform. Besonders für die Einführung einer CO2-Bepreisung sei höchste Zeit. Auch dass die Reform keine konjunkturellen Impulse bringe, störe ihn nicht, die Konjunktur laufe derzeit ohnehin auch ohne weiteren Anschub rund.
Felbermayr präsentierte am Freitag mit seinen Kollegen vom Institut für Höhere Studien (IHS) die neue Herbstprognose der Wirtschaftsforscher. Diese ist in der Tat recht optimistisch. Die Erholung der Konjunktur war noch stärker als gedacht, auch wenn sich die Dynamik seit August nun wieder etwas abgeschwächt hat. Wifo wie IHS haben ihre Prognosen für heuer danach oben korrigiert. Das Wifo rechnet mit einem Wachstum von 4,4 Prozent im Jahr 2021 und 4,8 Prozent im kommenden Jahr. Im Juni wurden noch lediglich vier Prozent plus für heuer erwartet, für 2022 fünf Prozent. Das IHS erwartet nun 4,5 Prozent Wachstum für das heurige Jahr, im Juni waren es nur 3,5 Prozent.