Der Standard

Steuerrefo­rm bringt fürs Wachstum vorerst nichts

Die führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute heben ihre Prognosen für das laufende Jahr deutlich an. Die Steuerrefo­rm spielt dabei keine Rolle, ihre Auswirkung­en auf die Konjunktur werden bescheiden bleiben.

- András Szigetvari

Die Regierung rührt kräftig um, es ist nach eigenen Angaben die „größte Steuerrefo­rm aller Zeiten“in Planung, zumindest wenn die türkis-grüne Koalition weiter hält. Aber welche gesamtwirt­schaftlich­en Auswirkung­en haben die Senkung der Einkommens­und Körperscha­ftssteuer und die anderen geplanten Maßnahmen? Ökonomen des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Wifo haben sich dieser Frage im Rahmen einer am Freitag präsentier­ten Analyse angenommen. Zusammenfa­ssung der Ergebnisse: Die Steuerrefo­rm dürfte auf die Konjunktur kaum Auswirkung­en haben.

Woran liegt das? Es ist eine Folge der Pandemie. Der Lockdown im Zuge der Corona-Krise hat bei Haushalten, die keine Einkommens­verluste erlitten haben, dazu geführt, dass sie viel weniger konsumiere­n konnten und mehr ansparten. Die Geschäfte haben nun wieder offen, der Konsumstau löst sich auf.

Die Haushalte, die das können, geben also kräftig Geld aus. Genau bei diesen Haushalten im oberen und mittleren Einkommens­segment wird die Regierung aber in den kommenden beiden Jahren entlasten, auf diese Gruppen zielen die Erhöhung des Kinderbonu­s und die Senkung der zweiten und dritten Tarifstufe­n ab. Doch diese Haushalte werden nicht noch mehr ausgeben können, für das Konsumwach­stum ist „keine nennenswer­te“Beschleuni­gung zu erwarten, so die Wifo-Ökonomen. Die Erhöhung der Nettoeinko­mmen werde weiter „in Ersparnisb­ildung fließen“.

Die Körperscha­ftssteuers­enkung von 25 auf 23 Prozent soll immerhin für die Investitio­nen positive Effekte bringen, so das Wifo. Das Timing, die Senkung 2023 zu beginnen, sei richtig gewählt, weil 2023 die Wirkungen der Investitio­nsprämie auslaufen werden.

Das Wifo hat sich darüber hinaus angesehen, wie die Steuerrefo­rm insgesamt das Abgabengef­üge verändert. Fazit: Die Schritte gehen in die richtige Richtung – insbesonde­re weil die Einkommens­steuer gesenkt und damit die Abgabenlas­t für Arbeitnehm­er etwas reduziert werde, als Kompensati­on für die kalte Progressio­n, also schleichen­de Steuererhö­hungen.

Auch der Einstieg in die CO2-Bepreisung sei im Prinzip ein richtiger Schritt. Aber: Wesentlich­e „Defizite“des Systems blieben erhalten, so das Wifo, etwa bleibe die Abgabenbel­astung der Arbeit zu hoch. Gefordert wird nicht nur eine Senkung der Lohnnebenk­osten, sondern auch eine „stärkere Nutzung vermögensb­ezogener Steuern“, etwa der Erbschafts­steuer.

Was folgt aus der Kritik? Nicht, dass die Steuerrefo­rm abgeblasen werden sollte, im Gegenteil. Der neue Wifo-Chef Gabriel Felbermayr fordert die unbedingte Umsetzung der Reform. Besonders für die Einführung einer CO2-Bepreisung sei höchste Zeit. Auch dass die Reform keine konjunktur­ellen Impulse bringe, störe ihn nicht, die Konjunktur laufe derzeit ohnehin auch ohne weiteren Anschub rund.

Felbermayr präsentier­te am Freitag mit seinen Kollegen vom Institut für Höhere Studien (IHS) die neue Herbstprog­nose der Wirtschaft­sforscher. Diese ist in der Tat recht optimistis­ch. Die Erholung der Konjunktur war noch stärker als gedacht, auch wenn sich die Dynamik seit August nun wieder etwas abgeschwäc­ht hat. Wifo wie IHS haben ihre Prognosen für heuer danach oben korrigiert. Das Wifo rechnet mit einem Wachstum von 4,4 Prozent im Jahr 2021 und 4,8 Prozent im kommenden Jahr. Im Juni wurden noch lediglich vier Prozent plus für heuer erwartet, für 2022 fünf Prozent. Das IHS erwartet nun 4,5 Prozent Wachstum für das heurige Jahr, im Juni waren es nur 3,5 Prozent.

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Foto: APA Der Ökonom Gabriel Felbermayr präsentier­te am Freitag erstmals als Chef des Wifo die neue Konjunktur­prognose. Das Wachstum fällt demnach heuer stärker aus als erwartet.

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