Der Standard

Mindestste­uer nimmt große Hürde

Irland gibt seinen Widerstand gegen eine globale Mindestbes­teuerung auf. Ohne Zugeständn­is gab es die Zustimmung der Grünen Insel, die viele Digitalrie­sen durch Niedrigste­uern angelockt hat, nicht.

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Irland hatte sich lange gesträubt gegen das Vorhaben, als Teil einer globalen Steuerrefo­rm eine weltweite Mindestbes­teuerung von Konzernen von mindestens 15 Prozent einzuführe­n. Nun dürfte das Niedrigste­uerland, das seit Jahrzehnte­n global agierende Konzerne mit niedrigen Steuern lockt, zumindest ein Zugeständn­is herausgesc­hlagen haben: Aus der angepeilte­n Mindesthöh­e wurden exakt 15 Prozent.

Das Kabinett in Dublin beschloss am Donnerstag­abend, die Körperscha­ftssteuer für Unternehme­n mit einem Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro von 12,5 auf 15 Prozent zu erhöhen. Auch Estland und Ungarn haben ihren Widerstand gegen die von den wichtigste­n Industriel­ändern im Juli auf den Weg gebrachte globale Steuerrefo­rm aufgegeben.

Nachbesteu­ern

Im Grundsatz geht es darum, dass der geltenden Praxis, dass jedes Land seine Unternehme­n so besteuern kann, wie es will, ein Riegel vorgeschob­en wird. Die Reform ermöglicht Staaten, die etwaige Differenz zur Mindestste­uer in einem Niedrigste­uerland selbst nachzubest­euern. Außerdem sollen große Unternehme­n nicht mehr nur in ihrem Mutterland besteuert werden, sondern auch dort, wo sie gute Geschäfte machen. US-Präsident Joe Biden hatte ursprüngli­ch einen effektiven Mindestste­uersatz von 21 Prozent vorgeschla­gen; Frankreich hatte 25 Prozent ins Spiel gebracht, was unter Experten aber als unrealisti­sch galt.

Die Industriel­änderorgan­isation OECD, der auch die Aufgabe zufällt, die politische Vereinbaru­ng in ein detaillier­tes Abkommen umzumünzen, hatte im Falle von Irland vermittelt. Der Widerstand auf der Grünen Insel war besonders groß, sind dort doch dutzende Unternehme­n mit hunderttau­senden Beschäftig­ten von der Änderung betroffen. Dublin geht von Einbußen aufgrund der Steuererhö­hung von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr aus. Österreich hingegen würde profitiere­n. Die Schätzunge­n der Zusatzeinn­ahmen liegen zwischen 700 Millionen und drei Milliarden Euro. Die OECD rechnete mit 150 Milliarden Dollar (etwa 130 Milliarden Euro) an Steuermehr­einnahmen weltweit.

Was von den einen als kleine Steuerrevo­lution gefeiert und begrüßt worden ist, sorgt an anderen Stellen für viel Kritik. Die globalisie­rungskriti­sche NGO Attac meint etwa: „Damit wird allen Staaten die Möglichkei­t genommen, eine höhere Mindestste­uer einzuführe­n.“Es sei „fatal, dass sich die globale Steuerrefo­rm an den Wünschen der wichtigste­n Steuersümp­fe orientiert. Sie wird damit auf einem lächerlich niedrigen Niveau eingeebnet und das globale Steuerdump­ing in diese Richtung weitergehe­n“, so David Walch von Attac Österreich. Attac fordert einen globalen Mindestste­uersatz von 25 Prozent.

Nicht am Ziel

Der grüne Europaparl­amentarier Sven Giegold sieht „einen bedeutende­n Fortschrit­t“. Am Ziel sei man aber noch lange nicht. Während von der nunmehrige­n Reform wohl die 100 größten Konzerne weltweit betroffen sein werden, brauche es „einen effektiven Mindestste­uersatz für alle Unternehme­n, nicht nur für die größten Konzerne“, so Giegold. Er nennt etwa jene Briefkaste­nfirmen, die jüngst wieder im Zuge der Pandora-Papers ins Zwielicht geraten sind. Zudem blieben die Steuerbeit­räge von Google, Netflix und Co trotz ihrer Marktmacht in Deutschlan­d auch mit der Mindestste­uer klein.

Bis die neuen Regeln in Kraft treten, dauert es aber ohnehin noch. Die Zustimmung Irlands gilt als wichtige Hürde. Ende Oktober soll das Regelwerk während des G20Gipfels endgültig besiegelt, 2022 in Gesetzesfo­rm gegossen werden und dann ab 2023 greifen. (rebu)

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Nicht nur Google, Facebook und Co wird die Reform erfassen. Auch Autokonzer­ne und andere Riesen wird das neue Regime betreffen.

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