Gegen Google und die ganze Welt
Zwei Computernerds machen eine der wichtigsten Erfindungen des Internetzeitalters. Davon weiß kein Mensch, aber Google verdient damit Millionen. Die Netflix-Serie „The Billon Dollar Code“erzählt die wahre Geschichte um einen Patentstreit.
Die Erleichterung ist Gert Monath anzuhören: „Wir hatten große Sorge, weil wir nicht wussten, was am Ende dabei rauskommt und wie wir dann dastehen, denn als Art+Com waren wir in die Produktion ja nicht einbezogen.“Mit dem nun vorliegenden und bei Netflix abrufbaren Ergebnis ist der Mediendesigner und Geschäfteentwickler der Medienkunstagentur nun hochzufrieden. Die Netflix-Serie The Billion Dollar Code erzählt die wahre Geschichte um die Entwicklung von Terravision, einer Software, mit der es erstmals möglich war, die ganze Welt als virtuellen Globus darzustellen, und wie sich der Webriese Google diese Erfindung aneignete, ohne dafür je einen Dollar zu zahlen.
„Was auf den Bildschirmen zu sehen ist, stimmt bis ins Kleinste“, sagt Monath vorweg und lobt Präzision, Intelligenz des Drehbuchs und die „große Mühe der Filmemacher“.
Was genau geschah, erzählt die Serie verdichtet am Beispiel zweier Computernerds. Carsten Schlüter und sein Freund Juri Müller – in jungen Jahren gespielt von Leonard Schleicher und Marius Ahrendt, später von Mark Waschke und Mišel Matičević – erfinden im wilden Berlin der 1990er-Jahre eine Anwendung, mit der es möglich ist, sich an jeden beliebigen Ort der Welt hinzuzoomen.
Die Möglichkeiten ihrer Ideen werden ihnen erst langsam bewusst. Das Interesse potenzieller Geldgeber ist enden wollend. Allein die Deutsche Telekom lässt sich auf die Finanzierung ein.
Internet geht vorbei
Halbherzig, denn deren Überzeugung ist, dass das Internet auf lange Sicht ein Fall für die Wissenschaft ist und das auch so bleiben würde. Ein Besuch im Silicon Valley bringt schließlich den Durchbruch. Google wird aufmerksam, trickst die beiden aus und macht daraus Google Earth und damit Millionen. Jahre später – die zweite Zeitebene des Vierteilers – gehen Carsten und Juri gegen den Weltkonzern gerichtlich vor. David gegen Goliath.
In Wahrheit waren es mehrere Davide, konkret ein Team rund um Art+Com-Kreativdirektor Joachim Sauter, Pavel Mayer, Axel Schmidt und Gert Grueneis. Monath arbeitete damals als 3D-Designer an der Entwicklung von Terravision mit.
Die Idee beruht auf einer Begegnung des Drehbuchautors Oliver Ziegenbalg mit dem inzwischen verstorbenen Kreativdirektor Sauter: „Die beiden lernten einander zufällig kennen. Als die Geschichte zur Sprache kam, war Oliver sofort Feuer und Flamme.“
Künstlerische Freiheiten erlaubten sich die Macher aber doch: Einen Streit zwischen den Freunden habe es nie gegeben. Ein dramaturgischer Kniff, den Monath nicht so gut findet: „Eine der wenigen Sachen.“Mut beweist der Vierteiler gegen Google. In einer Szene wird behauptet, dass der Medienriese bei Patenten systematisch vorgegangen sei. „Dass Google bei der Abwehr von Patentklagen eine Strategie verfolgte, wie die Film-Anwältin argumentiert und manche mutmaßten, die sich mit dieser Materie auskennen, ist durchaus möglich“, sagt Monath. „Google konnte mit finanzieller Macht vieles verhindern.“
Reaktionen von Google gab es bis dato keine. Angeblich sei man nicht amüsiert, heißt es aus eingeweihten Kreisen. Das endgültige Urteil bleibt trotz allem ein Rätsel. „Wir haben eine der wichtigsten Erfindungen des Computerzeitalters gemacht. Aber es weiß kein Mensch“, sagt Carsten am Beginn und hat damit Monaths volle Zustimmung. Das ändert die Serie gerade.