Captain Kirk auf dem Weg zu den Sternen
Ganz schlüssig ist die Entscheidung nicht. Schließlich gehört William Shatner zu den populären Warnern vor den Folgen der Erderwärmung. Nun fliegt ausgerechnet er auf Einladung des AmazonChefs Jeff Bezos am 12. Oktober ins All und verbrennt mit seinen 90 Jahren neben Angstschweiß noch ein paar Tonnen CO2 extra – just for fun.
Andererseits ist es leider originell. Schließlich wurde der kanadische Schauspieler als Captain Kirk weltberühmt – wenn nicht gar weltenberühmt. Als Kirk stand er in der 1960er-Jahre-Science-Fiction-Serie der
Crew des Raumschiffs Enterprise vor, mit der er in den 2200er-Jahren fünf Jahre lang auf Forschungsreise durchs All unterwegs war und dort Klingonen, aggressive Kuscheltiere, zwischenmenschliche Schwächen und anderen Unfug fern von Muttis Apple Pie bekämpfte.
Damit legte der am 22. März 1931 in Montreal geborene Mime mit den Grundstein für ein popkulturelles Imperium, dessen Fans dieses bis heute, da die Next Generation schon grau ist, am Leben erhalten. Dass diese zum Inbegriff intergalaktischen Pioniergeists gewordene Figur nun im richtigen Leben ins All düsen soll, hat natürlich was. Außerdem gestand Shatner ein wenig Angst ein, was natürlich auch schön menschelt.
Wenn der rüstige Rentner nicht gerade abhebt, widmet er sich irdischen Freuden. Grund zur Ablenkung hat er genug, sein Leben verlief nicht undramatisch. Viermal war er verheiratet und wurde dreimal geschieden. Seine dritte Frau, Nerine Shatner, ertrank alkoholkrank 1999 im Pool, erst im Vorjahr ließ er sich von Elizabeth Anderson Martin scheiden. Wenn der mit der Anwaltsserie
zu weiterem späten Ruhm gekommene Star nicht gerade dreht, widmet er sich der Pferdezucht oder der Musik.
Wiewohl vom Talent her eher ein heiter dilettierender Sprechsänger, veröffentlichte er knapp 20 Alben. Viele besitzen eine Nähe zu seiner Lebensrolle als Kirk, andere erstaunen: Auf dem 2004 erschienenen Album coverte er ausgewählte Stücke zeitgenössischer Popmusik, auch mit seinem Freund, der Hardcore-Ikone Henry Rollins, hat er gesungen. Und eben erst ist
erschienen, das stilistisch vielfältigste Werk seines musikalischen OEuvres. Es glänzt mit Auftritten von John Lurie, Synthie-Pop-Pionier Daniel Miller oder Joan As Police Woman. Ein Wunder, dass er bei dem Arbeitspensum überhaupt Zeit findet, ins All zu fliegen – als ältester Erdling bisher.