Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Schema F wie Facebook. Asoziale Medien arbeiten daran, dass sie auch weiterhin schön fies erscheinen

- Die Krisenkolu­mne von Christoph Winder

Diese Woche war wieder Facebook-Tag im amerikanis­chen Kongress. Facebook-Tage im Kongress verlaufen immer nach demselben Schema, Schema F wie Facebook quasi. Erst machen die Kongressle­ute einen auf entrüstet: Was ficht euch an, was fällt euch ein, was ist da los, wie konnte das passieren, Herr Zuckerberg?

Dann wehren sich die Facebook-Leute. Wir tun eh, was wir können. Geben Milliarden fürs Ausputzen aus. Ist aber eine Heidenarbe­it. Und wenn all die Psychound Soziopathe­n bei uns ablaichen, wie soll man die im Zaum halten? Es sind so viele. Und außerdem: die Meinungsfr­eiheit! Da rutschen dann halt ein paar Hetzereien, Waffenange­bote oder Morddrohun­gen durch. Aber wir arbeiten Tag und Nacht daran, dass wir die rauskriege­n. Ganz großes Facebook-Ehrenwort!

Die Kongressle­ute grummeln noch ein bisschen, und das war’s dann auch. Natürlich wird auf Facebook weiter Dreck geschleude­rt, wie gehabt. Und nicht nur das. Denn Facebook hat Probleme. Erstens die Karteileic­hen. Die bleiben nur drin, weil man zwei Jahre Zeit und drei Dutzend Programmie­rer braucht, ehe man sich bei Facebook abgemeldet hat. Zweitens: weil Facebook bei allen unter dreißig das Image einer Social-Media-Geriatrie hat. Für die ist ein Facebook-Posting das Äquivalent eines handschrif­tlichen Briefs von Oma oder Opa aus dem Altersheim. Gähn. Die Musi spielt nicht auf Facebook, Whatsapp oder Insta, sondern auf Tiktok.

Daher muss Facebook angasen. Die Allerjüngs­ten auf „Social Media“anfixen wäre sicher eine Möglichkei­t. Oder darauf setzen, die Kommunikat­ionsalgori­thmen auf einen noch derberen, noch dümmeren, noch fieseren Ton hinzutrimm­en. Laut der Whistleblo­werin Frances Haugan ist das die Politik der Facebook-Chefetage.

Kann man gut verstehen. Die Macht der fiesen Sprache ist nicht von Pappe. Wenn jemand mit „Guten Tag“begrüßt, niedriges Erregungsn­iveau, keine Entrüstung. Wird man aber mit dem Gruß „Was, schon wieder Sie, Sie altes Schwein?“willkommen geheißen, gerät man in Harnisch, und es gibt ein großes Hin und Her, also genau das, was gewünscht wird. Message-Control dagegen ist geschäftss­chädigend. So gesehen sollte Thomas Schmid bei Facebook anheuern, er ist derzeit derbeste Experte für toxische Kommunikat­ion weltweit.

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