Solide Zahlen und Luftschlösser
Niedrige Zinsen und steigende Steuereinnahmen sorgen dafür, dass im Budget von Finanzminister Blümel Spielraum für Entlastungen bleibt. Große Investitionen sind aber rar. Das höhere Klimabudget wird durch den Klimabonus künstlich aufgeblasen.
Österreich ist in den vergangenen 20 Monaten Achterbahn gefahren, und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) war im vordersten Wagen mit dabei. Zunächst, zu Jahresbeginn 2020, sah es nach einem entspannten Jahr für den Finanzminister aus. Die Steuereinnahmen entwickelten sich gut, die Staatsausgaben sollten moderat zulegen. Dann kam die Pandemie. Und alles ging bergab.
Die türkis-grüne Koalition hat seither 40,8 Milliarden Euro für Unternehmenshilfen und Kurzarbeit ausgegeben. In der Summe enthalten sind auch Garantien für Kredite an Betriebe sowie diverse Notzuschüsse. Die Rettungsmaßnahmen und wegbrechende Einnahmen durch die höhere Arbeitslosigkeit ließen das Defizit und die Staatsverschuldung rasant ansteigen.
Doch seit dem Frühjahr 2021 ist wieder alles anders. Es geht überraschend schnell bergauf. Die Wirtschaft hat sich kräftig erholt, die Beschäftigung zugelegt. Damit hat sich auch der Staatshaushalt besser entwickelt, als von den Wirtschaftsforschern erwartet worden war.
Unter diesen Vorzeichen der neuen Normalität hat Finanzminister Blümel am Mittwoch dem Nationalrat sein Budget für das kommende Jahr präsentiert sowie den Budgetrahmen bis zum Jahr 2024. Nach den Auf und Abs der vergangenen Jahre soll 2022 wieder ein normales Jahr werden. Die Ausgaben für die Bewältigung der Corona-Krise werden jedenfalls deutlich zurückgefahren. Nur ein Beispiel: Heuer werden noch 3,67 Milliarden Euro für Kurzarbeit ausgegeben werden. Im kommenden Jahr sollen es dann lediglich 200 Millionen sein.
Die Neuverschuldung sinkt entsprechend kräftig, und bis zum Ende des Budgetausblicks 2025 soll das Defizit bei nur noch 0,4 Prozent liegen (siehe Grafik), auch die Verschuldung in Relation zur Wirtschaftskraft sinkt, weil das Wachstum anzieht. Mission Budgetstabilisierung wäre also erfüllt.
Dass Österreich trotz der höheren Ausgaben in der Pandemie keinen wirklichen Sparkurs fahren muss und sich der Schuldenberg dennoch abträgt, liegt weniger an der Regierung als vor allem an der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Die EZB sorgt mit ihrer lockeren Geldpolitik dafür, dass die Finanzierungskosten der Republik rückläufig sind.
Obwohl wir viel mehr Schulden haben, kosten sie uns laufend weniger. Im kommenden Jahr muss das Finanzministerium 3,1 Milliarden Euro für Kreditzinsen ausgeben, noch vor zehn Jahren war es im Schnitt doppelt so viel pro Jahr.
Dieser zusätzliche Spielraum und die deutlich höheren Einnahmen – die Steuern sprudeln wieder nach der Krise – geben der Koalition finanzielle Luft für die geplanten Entlastungen von Arbeitnehmern und Unternehmen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.
252 Prozent plus: Was dahintersteckt
Die spannende Frage ist, ob es angesichts der Steuersenkung im Budget noch genügend Raum für notwendige Zukunftsinvestitionen gibt. Und hier ist einiges an Skepsis angebracht. So steigt etwa das Budget für Klima- und Umweltschutz 2022 zwar um spektakuläre 1,72 Milliarden Euro oder 252 Prozent an (siehe Kasten „Klima“). Doch der größte Teil dieses Anstiegs entfällt auf die Auszahlungen des neuen Klimabonus, der selbst kein Beitrag zum Klimaschutz ist. Mehr Geld gibt es auch für den Bildungsbereich, aber bei genauerem Hinsehen verschwindet das Plus nahezu ganz. 2022 wird die Inflation bei gut drei Prozent liegen, die Personalausgaben der Ministerien werden automatisch steigen, ohne dass mehr Leistungen bei Bürgern ankommen. Ein echter Schwerpunkt der Koalition: mehr Geld für Forschung. Kulturbudget Seite 25, Kommentar Seite 32