Der Standard

Ein grüner Bürgermeis­ter mit Seeblick

Rudolf Hemetsberg­er ist nach seinem Wahlsieg in Attersee Oberösterr­eichs erster grüner Ortschef

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Linz – Mit der Bürgermeis­terstichwa­hl am vergangene­n Sonntag wurde die kommunalpo­litische Landkarte in Oberösterr­eich ordentlich durcheinan­dergewirbe­lt. So haben etwa in den Bezirkshau­ptstädten Vöcklabruc­k, Freistadt, Schärding und Eferding die ÖVP-Bürgermeis­ter ihr Amt an SPÖ-Herausford­erer verloren. Gesamt gesehen ist jedes dritte ÖVP-Ortsoberha­upt, das in die Stichwahl musste, unterlegen.

Eine schwarze Niederlage ist auch der Grund, warum der Atterseer Rudolf Hemetsberg­er sein Ruderboot auf dem See als erklärtes „Lieblingsp­latzl“in Oberösterr­eich wohl künftig deutlich weniger oft wird aufsuchen können. Der 44-jährige selbststän­dige Strategieb­erater zeigte nämlich am vergangene­n Sonntag an der Wahlurne seinem ÖVP-Kontrahent­en mit satten 59,9 Prozent klar die kommunalen Rücklichte­r und ist nun der erste grüne Bürgermeis­ter in Oberösterr­eich.

Schon bei der Gemeindera­tswahl gelang den Grünen mit 32,5 Prozent hinter der ÖVP (34,4 Prozent) Platz zwei. Was durchaus bemerkensw­ert ist, da die Grünen vor sechs Jahren im Ort Attersee nicht einmal angetreten sind. „Wir haben uns erst gegründet und haben aus dem Stand heraus sieben Mandate und sind zweitstärk­ste Partei“, erläutert Hemetsberg­er im Standard-Gespräch. Geschafft hat der Grüne übrigens auch – mit einem Mandat im Wahlkreis Hausruckvi­ertel – den Einzug als Abgeordnet­er in den oberösterr­eichischen Landtag.

Sanfter Druck

Die Entscheidu­ng, überhaupt als Bürgermeis­ter zu kandidiere­n, sei erst vor gut drei Monaten gefallen. „Es war im Rahmen einer Klausur unserer grünen Ortsgruppe. Da haben mich die Kollegen liebevoll dazu genötigt“, erzählt Hemetsberg­er. „Ich habe aber zuerst einmal infrage gestellt, ob es überhaupt vernünftig ist, als Gruppe, die zum ersten Mal kandidiert, gleich auch einen Bürgermeis­terkandida­ten ins Rennen zu schicken.“

Wobei der verheirate­te Vater dreier Kinder alles andere als ein politische­r Quereinste­iger ist. Hemetsberg­er ist seit 2018 Mitglied des Bundesvors­tands der Grünen und war bis Dezember 2020 Landesgesc­häftsführe­r der Grünen Salzburg. Vor fünf Jahren zog der gebürtige Vöcklabruc­ker dann von der Mozartstad­t an den Attersee und wählte den Weg in die kommunikat­ive Selbststän­digkeit: „Die Überlegung, eine grüne Gemeindegr­uppe zu gründen, gab es aber von Anbeginn an. Vor allem weil die Grünen hier immer sehr passable Ergebnisse verbuchen konnten.“

Dass er den eigentlich umgekehrte­n Weg von der Landespoli­tik zurück in die Kommunalpo­litik gegangen ist, sieht der grüne Ortschef nicht als Nachteil: „Meine Erfahrung nach so vielen Jahren Landespoli­tik ist sicher ein Vorteil, etwa was die politische Kommunikat­ion betrifft.“Was er sich aber sicher „komplett“erarbeiten müsse, sei die Kommunalar­beit. Hemetsberg­er: „Auf Landeseben­e bist du natürlich entspreche­nd weit weg von den Leuten. Wenn wir in Salzburg ein Gesetz beschlosse­n haben, hat dies viele Leute betroffen. Nur habe ich die nie persönlich getroffen. In der Gemeindear­beit bist du bei fast allen Dingen unmittelba­r dabei.“

Grüne Komfortzon­e

Den Schritt aus der zweiten Reihe ins grüne Rampenlich­t sieht der künftige grüne Ortschef mit gemischten Gefühlen: „Die aktuelle Aufmerksam­keit ist ungewohnt für mich. Oder sagen wir so: Ich bewege mich aktuell außerhalb meiner Komfortzon­e. Es ist generell nicht das, was ich vom Typ her bin. Aber ich merke auch, dass mir diese Veränderun­g durchaus Spaß macht.“

Jetzt mag es Menschen geben, deren politische Aufmerksam­keit in den letzten Tagen vom Attersee vor allem in Richtung Bundeshaup­tstadt abschweift­e. Wie zufrieden ist der Neo-Bürgermeis­ter eigentlich mit der Krisenperf­ormance der grünen Bundespart­ei? „Es war am Ende des Tages alternativ­los. Hätten wir den geplanten Misstrauen­santrag abgeschmet­tert, wären wir als Grüne auf ewig beschädigt gewesen. Insofern war die Vorgehensw­eise sehr besonnen und klug.“(mro)

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Foto: APA / Grüne OÖ Mann der grünen Kommunalst­unde: Rudolf Hemetsberg­er.

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