Portugal gewinnt die Impfschlacht
Nach einer tödlichen Corona-Welle in Portugal führte ein Vizeadmiral das Impfprogramm gegen Covid-19 mit militärischer Logistik zum Erfolg. Mittlerweile sind 98 Prozent der impfbaren Bevölkerung immunisiert.
Portugal ist Weltmeister in Sachen Covid-19-Impfung. Zum vergangenen Wochenende meldete das portugiesische Gesundheitsministerium, dass 85 Prozent der über zehn Millionen Einwohner des südwesteuropäischen Landes beide Impfdosen erhalten haben. Werden nur die Portugiesen über zwölf Jahre gezählt – darunter darf noch nicht geimpft werden –, sind es gar 98 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich sind gerade einmal 61,4 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen Covid-19 geimpft.
„Es ist ein glücklicher Tag“, sagte die Generaldirektorin für Gesundheit, Graça Freitas, am Samstag der Nachrichtenagentur Lusa. Der Erfolg sei möglich gewesen, da „allen ohne jede Unterscheidung die Möglichkeit gegeben wurde, sich impfen zu lassen“. Die Bevölkerung habe „der Wissenschaft und den Impfstoffen vertraut“. Selbst bei den Zwölf- bis 17-Jährigen sind schon 88 Prozent impfen gegangen, 83 Prozent haben beide Dosen erhalten und sind damit komplett immunisiert. Bereits am 1. Oktober hat Portugal die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben.
Die Impfkampagne ist eine Leistung ohnegleichen. Im Februar befand sich Portugals Gesundheitssystem kurz vor dem Kollaps. Lissabon musste selbst Hilfe von außen annehmen. So entsandte die deutsche Bundeswehr Material sowie 26 Fachkräfte, darunter acht Ärzte. Damals lagen die Neuinfektionen über einen Zeitraum von zwei Wochen bei knapp 1500 pro 100.000 Einwohner, so hoch wie nirgendwo sonst in Europa. Jetzt sind es noch 87. In Österreich werden noch immer 272 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner über zwei Wochen hinweg gezählt. Insgesamt sind in Portugal bisher 18.056 Menschen an Covid-19 gestorben.
Das Gesundheitsministerium stellte nach der tödlichen CovidWelle im Februar einen Vizeadmiral an die Spitze der Impfkampagne. Henrique Eduardo Passaláqua de Gouveia e Melo galt als Spezialist für schwierige logistische Aufgaben, und er bewies sein Talent. Der 60Jährige umgab sich mit einem Stab aus Wissenschaftern und Ärzten. Sein Vorgänger, Gesundheitsstaatssekretär Francisco Ramos, war in die Kritik geraten, weil er immer neue Listen von bevorzugt Impfberechtigten aufgelegt hatte, wodurch Personen vorgereiht wurden, die nicht zu Risikogruppen gehörten.
Als Krieg betrachten
„Das Erste, was man macht, ist, das Ganze als einen Krieg zu betrachten“, sagte Gouveia e Melo in einem Interview. Er trat mit seinem Team in Flecktarnuniform auf und bediente sich auch militärischer Sprache, wenn er sich im Einsatz für die Corona-Impfung an die Öffentlichkeit wandte. Schnell wurde er zu einer Art Star im Land. Die Portugiesen haben – dank der von Soldaten eingeleiteten Nelkenrevolution 1974, die der Diktatur ein Ende bereitete – ein besonderes Verhältnis zu ihrer Armee.
Unter dem Vizeadmiral wurde die Kampagne komplett neu organisiert. Anders als bei der Grippe wurde nicht mehr in den kleinen Gesundheitszentren in Dörfern und Stadtteilen geimpft, sondern in großen Sporthallen. Dort ging es im Akkord zur Sache. Als dann Anfang des Sommers große Impfstofflieferungen eintrafen, ging es immer schneller, bis jetzt Erfolg vermeldet werden konnte. „Wir haben eine Schlacht gewonnen, aber ich weiß nicht, ob wir den Krieg gegen das Virus gewonnen haben. Das ist ein Weltkrieg“, beurteilt Gouveia e Melo die Arbeit seiner Spezialistengruppe.
Ausgezeichneter Admiral
Der in Quelimane in der damaligen portugiesischen Überseeprovinz Mosambik geborene Marineoffizier stammt aus einer alten Adelsfamilie aus Beira. Den Großteil seiner Karriere verbrachte er auf respektive unter See: Er gehört der UBoot-Truppe an. Für seinen Einsatz wurde Gouveia e Melo nach dem Abschluss des Impfprogrammes Anfang Oktober mit dem Globo de Ouro (Portugals Version des „Golden Globe“) für Verdienste und außerordentliche Leistungen ausgezeichnet.