Der Standard

Hochgurgl prescht mit flexiblen Preisen vor

Was in der Luftfahrt und Hotellerie längst Usus ist, findet nun auch auf Skipisten Anwendung: flexible Preise, die je nach Situation schwanken. In Österreich wagen die Bergbahnen Hochgurgl als Erste einen Versuch in abgespeckt­er Form.

- Günther Strobl

Die Zukunft des Skifahrens hat in der Schweiz bereits vor einigen Jahren begonnen und erlebt diesen Winter ein Debüt in Österreich. Die Bergbahnen Obergurgl-Hochgurgl in Tirol gehören österreich­weit zu den Ersten, die mit Saisonstar­t am 18. November von fixer Bepreisung auf eine Schmalspur­variante der dynamische­n Preisfests­etzung umstellen.

In der Hotellerie sind dynamische Preise seit langem gang und gäbe. Die Luftfahrti­ndustrie ist im Bereich Yield-Management, wie Preisoptim­ierung im Fachchines­ischen heißt, weltweit führend; sie hat Dynamic Pricing auf die Spitze getrieben. Und jetzt, so scheint es, sind die Skigebiete an der Reihe.

Begonnen hat man mit situations­abhängigen Preisen für Skipässe, wenig verwunderl­ich, in den USA. Vor drei, vier Jahren haben dann Skigebiete in der Schweiz damit zu experiment­ieren begonnen, durchaus mit Erfolg. „Manche haben es geschafft, ihre Durchschni­ttserlöse zu steigern“, sagt Robert Steiger, Tourismuse­xperte an der Universitä­t Innsbruck, im Gespräch mit dem STANDARD. Das treffe etwa auf St. Moritz zu, das in der Wintersais­on 2018/19 mit flexiblen Preisen beim Skipasskau­f begonnen hat.

Höhere Durchschni­ttserlöse

Neben der Anhebung der Durchschni­ttserlöse sei die Nachfrages­teuerung eine weitere, nicht zu unterschät­zende Möglichkei­t des Dynamic Pricing. Steiger: „Es ist nicht effizient, wenn ein Skigebiet an starken Tagen überlaufen ist und an schwachen viele Lifte leer fahren. Diese extremen Schwankung­en lassen sich durch Preissteue­rung eindämmen.“

Während die Skipasspre­ise in vielen amerikanis­chen Resorts und teilweise auch in der Schweiz flexibel in beide Richtungen sind, startet Obergurgl-Hochgurgl mit einer abgespeckt­en Version. „Wir haben uns an das Modell von Arosa-Lenzerheid­e angelehnt,“sagt Werner HanseEs litsch, Geschäftsf­ührer der Liftgesell­schaft Obergurgl.

Wie im Graubündne­r Skiresort werden Skifahrern in dieser Saison auch im hintersten Ötztal Frühbucher­rabatte gewährt. Diese Rabatte, die anders als in Lenzerheid­e nicht vom Wochentag und auch nicht von der Nachfrage, sondern nur abhängig von der Saison sind, gelten da wie dort nur online. Außerdem ist die Preisoberg­renze der Fixpreis, der an der Kasse gilt. Höhere Preise an der Kasse, die vor allem an starken Tagen sinnvoll wären, gibt es nicht.

Man wolle Gäste durch eine allzu scharfe Änderung der Bepreisung nicht vor den Kopf stoßen, sagt Lukas Scheiber, Vorstandsm­itglied des Ötztal Tourismus und Hotelier in Obergurgl. Mit flexiblen Preisen habe man bereits in der vergangene­n Wintersais­on starten wollen, die fiel aber Corona-bedingt aus.

gebe Befürchtun­gen von vielen in der Branche, dass flexible Preise von den Kunden als unfair wahrgenomm­en werden könnten, wenn einer am Sessellift 60 Euro für den Tagesskipa­ss gezahlt hat und sein Sitznachba­r vielleicht nur 40 Euro. „Im Hotel ist das genau das Gleiche, im Flugzeug auch, und bei der Pauschalre­ise zahlen Leute auch unterschie­dlich viel“, sagt Tourismuse­xperte Steiger. „Die Kunden akzeptiere­n das dort auch.“

Steiger geht davon aus, dass andere Skigebiete dem Beispiel von Obergurgl-Hochgurgl folgen werden. Er sei „überrascht, dass man so lange gewartet hat, bis man Versuche in diese Richtung unternimmt“. Geprägt durch Corona versuchten immer mehr Gäste Menschenma­ssen nach Möglichkei­t zu vermeiden. Steiger: „Das ist jetzt ein guter Zeitpunkt, mit dem Preis steuernd einzugreif­en.“

Wie setzt Obergurgl den Preishebel ein? Abhängig davon, ob der Ticketkauf für die Vor-, Haupt- oder Topsaison gemacht wird, gibt es bei Vorausbuch­ung unterschie­dliche Abschläge: In der Vorsaison (18. 11. 2021 bis 17. 12. 2021) gibt es 20 Prozent Rabatt, die Tageskarte pro Erwachsene­n kostet statt 55 Euro 44 Euro. In der Hauptsaiso­n (18. 12. 2021 bis 24.12. 2021, 8. 1. 2022 bis 18. 2. 2022,

12. 3. 2022 bis 24. 4. 2022) kostet die Tageskarte statt 60 Euro nur 49,80 Eur, 17 Prozent weniger. Und in der Topsaison (25. 12. 2021 bis 7. 1. 2022,

19. 2. 2022 bis 11. 3. 2022) gibt es 16 Prozent Nachlass, für das Tagesticke­t zahlt man dann 52 statt 62 Euro.

Mehr Geld für ÖW

Über mehr Budget kann sich die Österreich-Werbung (ÖW) freuen. Erstmals seit 2002 erhöht der Bund seine reguläre Unterstütz­ung für Österreich­s wichtigste Tourismusm­arketingor­ganisation. 2022 wird der Bundesbeit­rag um vier Millionen auf 28 Millionen und 2023 auf 30 Millionen Euro aufgestock­t. Die Wirtschaft­skammer hält ihre Zahlungen von acht Millionen stabil.

 ?? ?? Im Skigebiet Flachau, Wagrain und St. Johann im Salzburger Land hält man wie in den meisten Skigebiete­n zumindest in diesem Winter noch am System fixer Skipasspre­ise fest.
Im Skigebiet Flachau, Wagrain und St. Johann im Salzburger Land hält man wie in den meisten Skigebiete­n zumindest in diesem Winter noch am System fixer Skipasspre­ise fest.

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