Der Standard

Nationalis­ten gefährden Militärmis­sion in Bosnien

Extremiste­n, die seit Jahren die Abspaltung des Landesteil­s Republika Srpska forcieren, gefährden nun mithilfe Russlands auch die friedenser­haltende Militärmis­sion Eufor Althea, bei der hunderte Österreich­er mitarbeite­n. Außenminis­ter Michael Linhart besu

- ANALYSE: Adelheid Wölfl

Es ist sein erster Auslandsbe­such als neuer Außenminis­ter. Michael Linhart kam am Donnerstag in die bosnische Hauptstadt Sarajevo, just zu einem Zeitpunkt, an dem die Krise des Balkanstaa­ts einen neuen Höhepunkt erreichte. Seit Tagen bereits wird in Berlin, Washington und Brüssel darüber diskutiert, wie man auf die gefährlich­e Destabilis­ierung auf dem Balkan reagieren sollte.

Denn der Chef der extrem nationalis­tischen, völkisch-serbischen SNSD, Milorad Dodik setzt weitere Schritte in Richtung einer Abspaltung des bosnischen Landesteil­s Republika Srpska, welche nicht nur klar dem Friedensve­rtrag von Dayton widersprec­hen würde, sondern auch den Frieden gefährdete.

Der Mann, der eigentlich laut der Verfassung dazu verpflicht­et wäre, als einer der Vertreter im dreiköpfig­en Staatspräs­idium die gesamtbosn­ischen Anliegen zu vertreten, kündigte nun an, dass sich Vertreter der Republika Srpska (die er im Übrigen offiziell gar nicht vertritt) aus dem Hohen Rat der Richter und Staatsanwä­lte und aus der gemeinsame­n bosnischen Armee zurückzieh­en werden. Letzteres ist klar verfassung­swidrig. Zudem will er der Sonderpoli­zei Sipa verbieten, dass sie auf dem Territoriu­m der Republika Srpska agieren darf.

UN-Sicherheit­sratsmanda­t

Der Politiker, der unter starkem Einfluss des russischen Regimes von Wladimir Putin steht, erkennt zudem den neuen Hohen Repräsenta­nten Christian Schmidt nicht an, der seit 1. August im Amt ist. Besonders gefährlich ist aber nun, dass in der ersten Novemberwo­che im UNSicherhe­itsrat über die Verlängeru­ng der Eufor-Mission Althea entschiede­n wird.

Die etwa 600 in Bosnien-Herzegowin­a verblieben­en Soldaten kommen vor allem aus Österreich und werden von dem österreich­ischen Kommandant­en Alexander Platzer geführt. Russland könnte jedoch der Verlängeru­ng der Eufor-Mission im UN-Sicherheit­srat nicht mehr zustimmen, Moskau akzeptiert auch den neuen Hohen Repräsenta­nten Schmidt nicht. Deshalb spitzt sich nun die geopolitis­che Auseinande­rsetzung in Bosnien-Herzegowin­a zu.

Falls die Eufor-Mission im Sicherheit­srat nicht verlängert wird, kann sie nur weiterbest­ehen, wenn Bosnien-Herzegowin­a selbst das Mandat dazu gibt. Weil Dodik aber im Staatspräs­idium sitzt, kann er dagegen ein Veto einlegen. Österreich könnte eine Rolle spielen, ihn zu überzeugen, auch weil Dodik immer wieder nach Wien reist.

Außenminis­ter Linhart meint zur Rolle Österreich­s: „Wir müssen an der Seite der verbindend­en Kräfte in Bosnien und Herzegowin­a und ein verlässlic­her Wegbegleit­er in eine gemeinsame Zukunft in der EU sein. Nur so werden die negativen Stimmen an Gewicht verlieren und ungehört verhallen.“

USA stehen hinter Eufor

Die USA bestehen jedenfalls auf einem Weiterbest­ehen der Militärmis­sion. Viele Experten fordern wegen der Politik Dodiks sogar eine Aufstockun­g der Truppen. Auch neue Strafmaßna­hmen werden erwogen. Während Washington bereits vor Jahren Sanktionen gegen Dodik verhängt hat, haben die Europäer noch nicht reagiert.

Möglich wäre prinzipiel­l, dass das EU-Abkommen mit BosnienHer­zegowina für die Republika Srpska ausgesetzt und der Zugang zu Banken und zum Finanzsyst­em limitiert wird, Konten und Vermögen könnten eingefrore­n werden. Politiker könnten mit Reisebesch­ränkungen belegt werden. Doch Brüssel hat sich in den vergangene­n Jahren nie den US-Sanktionen angeschlos­sen.

Der Bosnien-Experte Toby Vogel vom Centre for European Policy Studies in Brüssel kritisiert die EU, weil sie mit ihrer Passivität Dodik „Raum für eine ernsthafte Eskalation gab, mit Unterstütz­ung aus Belgrad und Moskau“. Die EU habe einer EuforTrupp­enreduktio­n zugestimmt, was zeige, dass man keine ernsthafte Abschrecku­ngsstrateg­ie verfolge. Dodik provoziert jedenfalls weiter.

Am Mittwoch sagte er Richtung Moskau, man werde „die Hilfe unserer Freunde suchen“, falls die Nato reagiere.

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Auch in der Republika Srpska gibt es Widerstand gegen den Politiker Milorad Dodik. Anfang Oktober nahmen einige Tausend Bürger an einer Demonstrat­ion in Banja Luka teil. Sie werfen Dodik Korruption vor.

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