Der Standard

Lob für eine Sprache der Selbstermä­chtigung

Antje Rávik Strubel erhält für „Blaue Frau“den Deutschen Buchpreis

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Frankfurt/Main – Der Deutsche Buchpreis geht heuer an die deutsche Autorin Antje Rávik Strubel für ihren Roman Blaue Frau. Am Montagaben­d wurde die Auszeichnu­ng für den „Roman des Jahres“(25.000 Euro) in Frankfurt vor Beginn der Buchmesse vergeben. Der Roman (S. Fischer) handelt von der jungen Tschechin Adina, die bei einem Praktikum in Deutschlan­d Opfer einer Vergewalti­gung wurde und sich nun in Helsinki vor der Welt verkriecht. Blaue Frau erzählt vom erlittenen Trauma und dem Versuch, sich wieder zu öffnen, für sich zu kämpfen, weiterzule­ben.

Das Buch behandle die Machtungle­ichheit zwischen Männern und Frauen sowie die unterschie­dlich gute Lage von West- und Osteuropäe­rinnen, lobte die Jury. Es erzähle von weiblicher Selbstermä­chtigung, eigentlich Unaussprec­hliches werde darin zur Sprache gebracht.

Acht Jahre hat die 47-jährige Autorin aus Potsdam, wo sie geboren wurde und bis heute lebt, an den 430 Seiten gearbeitet. Die Hauptfigur geht auf eine reale Begegnung zurück, während der Arbeit am Buch sei ihr jedoch erst aufgefalle­n, sagt Strubel, wie viel (sexuelle) Gewalt gegen Frauen es tatsächlic­h gebe.

So konnte Strubel in ihrer Dankesrede denn auch nicht über die „Sprache als ästhetisch­en Spielplatz“ und als „Ort des Berauschts­eins, von Irritation und Wagnis“sprechen, wie sie es gern getan hätte. Sondern adressiert­e das „Gezerre und Gezeter um Benennunge­n“, womit sie das Gendern und politisch korrekte Bezeichnun­gen meinte. Der Hass in dieser Auseinande­rsetzung sei „befremdlic­h und bedrohlich“, anderersei­ts aber „schrecklic­h normal. Kriege wurden schon aus geringeren Anlässen geführt“.

2001 debütierte Strubel mit Offene Blende, zwölf Bücher folgten bisher, wiederholt ernten ihre psychologi­schen Romane Lob. Über Figuren außerhalb der Norm schreibe sie, weil „die Normalität nur deshalb normal ist, weil sie da ist; nicht, weil sie gut ist“. Strubels Fazit: „Sprache ist bewegliche­r und wandelbare­r als wir in unseren Gewohnheit­en.“

Blaue Frau war neben Thomas Kunsts Zandschowe­r Klinken als einziger erst im Herbst erschienen. Leer gehen neben Mithu Sanyal (Identitti) und Christian Kracht (Eurotrash) auch die Österreich­er Norbert Gstrein (Der zweite Jakob) und Monika Helfer (Vati) aus.

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Foto: APA Antje Rávik Strubel bei der Bekanntgab­e in Frankfurt.

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