Der Standard

Des Kanzlers neue Bilder

Mit der Wahl der Kunstwerke für sein Büro wird Alexander Schallenbe­rg als Bundeskanz­ler jene Eigenständ­igkeit beweisen, die er einst als Minister für Kunst und Kultur vermissen ließ.

- Olga Kronsteine­r

Mit der Übersiedlu­ng von Sebastian Kurz in die ÖVP-Bundespart­eizentrale verschwind­et vorerst auch jenes Kunstwerk aus dem Rampenlich­t, das seit 2019 eine Kulisse bei medienöffe­ntlichen Terminen bot: das großformat­ige Gemälde von Hermann Nitsch aus dem Bestand des Belvedere, zu dessen markanten Merkmalen der in sattem Petrol gehaltene Farbton gehört.

Stattdesse­n werden künftig wohl schwarze Tiroler Schützen des Künstlers Klaus Pobitzer die Aufmerksam­keit der Weltöffent­lichkeit genießen. Das Bild gehört Alexander Schallenbe­rg privat und schmückte bereits sein Büro als Außenminis­ter. Geschmäcke­r sind individuel­l, wie er auch mit der Wahl seines neuen Refugiums als Bundeskanz­ler bewies. Er bevorzuge helle Zimmer, betonte er in einem ORF-Interview. Dunkle Holzvertäf­elung entspreche nicht seinem Gout. Bruno Kreisky hatte den von Oswald Haerdtl gestaltete­n und nun verwaisten Raum ehedem schon abfällig als „Zigarrenki­stl“bezeichnet.

Zuletzt Besprechun­gsraum

Schallenbe­rgs neues Arbeitshab­itat: das einst von Gernot Blümel in seiner Ära als Kanzleramt­sminister genutzte Büro, in dem zuletzt lediglich Besprechun­gen stattfande­n. Die dort derzeit die Wände schmückend­e Kunst – ein Gemälde vom Markus Prachensky aus dem Bestand des Museums moderner Kunst sowie Leihgaben der Künstlerin Monika Kus-Picco – wird demnächst durch andere ersetzt, wie sein Büro mitteilt.

Fix im Programm ist das erwähnte Bild des aus Südtirol gebürtigen Künstlers, der seit 2017 unter dem Pseudonym Felix Grütsch auch als Illustrato­r für den STANDARD tätig ist. Das Lumina nigra betitelte Werk entstand im Umfeld einer gleichnami­gen Performanc­e Ende 2013 im Museion, dem Museum für moderne Kunst in Bozen. Schallenbe­rg, damals Leiter der Stabsstell­e für strategisc­he außenpolit­ische Planung im Team von Außenminis­ter Kurz, sah es, fand Gefallen und kaufte es.

Zuletzt hing es Seite an Seite mit Fan-Faces, einem weiteren Werk Pobitzers aus dem Bestand der Artothek, das künftig ebenfalls das Büro des Bundeskanz­lers zieren wird. Anfang Juli bot das Ensemble das perfekte Bühnenbild für den Empfang des Südtiroler Landeshaup­tmanns Arno Kompatsche­r, wie ein damaliger Tweet des Außenminis­teriums dokumentie­rte.

Die 2019 nach seiner Berufung in die Regierung Brigitte Bierleins von Schallenbe­rg getroffene Auswahl „erbt“nun mitsamt dem Büro sein Nachfolger Michael Linhart: Dazu gehören eine Lichtinsta­llation von Brigitte Kowanz (Treaty of Amsterdam, 2017) und ein Bild von Christian Hutzinger aus dem Bestand der Artothek oder auch ein Gemälde von Thomas Reinhold (Stäbchen und Zapfen, 2006) aus dem Belvedere, das hinter dem Schreibtis­ch des neuen Außenminis­ters hängt.

Umfang noch offen

Der endgültige Umfang der neuen Kunstkolle­ktion für das Büro des Bundeskanz­lers steht noch nicht fest. Sein Team wird, wie schon 2019, Vorschläge unterbreit­en und sich dabei wohl auch am Fundus der Artothek des Bundes bedienen, die mit mehr als 37.000 Exponaten als traditione­lle Anlaufstel­le gilt, wenn es um die dekorative Ausstattun­g in Bundesdien­ststellen im In- und Ausland geht.

Gesichert ist, dass Schallenbe­rg damit eine Eigenständ­igkeit beweisen wird, die er als für Kunst und Kultur zuständige­r Minister vermissen ließ. Getreu dem Motto der Übergangsr­egierung (Juni 2019 bis Jänner 2020) „Verwalten statt gestalten“entsprache­n seine Entscheidu­ngen der türkisen Parteilini­e. Vor allem, wenn es um die Besetzung von Chefposten mit ÖVP-Wunschkand­idaten im Staatsarch­iv oder im Technische­n Museum ging. Oder auch die Bestellung der neuen kaufmännis­chen Direktion der Staatsoper, die vor und hinter den Kulissen für Murren sorgte.

Zuerst ließ die Ausschreib­ung monatelang auf sich warten, nur um dann mit der kürzestmög­lichen Bewerbungs­frist zu erfolgen. Die Entscheidu­ng Schallenbe­rgs fiel überrasche­nd flott: für Petra Bohuslav, damals noch niederöste­rreichisch­e ÖVP-Landesräti­n, wie er am 20. Dezember 2019 bekanntgab. Die Kritik der Opposition, die fehlende Erfahrung im Theaterman­agement monierte, verhallte in den Tagen vor Weihnachte­n ungehört.

 ?? Foto: APA / BMIEA / Michael Gruber ?? Alexander Schallenbe­rg wechselt vom Außenminis­terium ins Kanzleramt. Und wird dort die Bilder austausche­n.
Foto: APA / BMIEA / Michael Gruber Alexander Schallenbe­rg wechselt vom Außenminis­terium ins Kanzleramt. Und wird dort die Bilder austausche­n.

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