Wo Europa an einem Strang zieht
Immerhin im Fußball lässt sich von europäischer Geschlossenheit reden. Die Uefa lehnt die Fifa-Pläne, WM-Endrunden im Zweijahresrhythmus abzuhalten, kategorisch ab. Sogar mit Austritten wird gedroht.
Mit einer weiteren Drohgebärde aus Europa spitzt sich die Debatte um die umstrittenen Fifa-Pläne für eine WM alle zwei Jahre zu. Mehr als ein Dutzend Verbände erwägen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, die Mitgliedschaft im Weltverband als letzte Option zu beenden und aus der Fifa auszutreten.
Zuerst hatte die Nachrichtenagentur AP darüber berichtet, nachdem Fifa-Chef Gianni Infantino am Dienstag mit zahlreichen europäischen Verbandschefs über die Reform für den internationalen Spielkalender der Männer ab 2024 gesprochen hatte. Eine mögliche Weltmeisterschaft im Zwei-JahresRhythmus wird derzeit kontrovers diskutiert.
Die Kontinentalverbände Europas und Südamerikas lehnen die Fifa-Pläne kategorisch ab. Aleksander Ceferin, Präsident der Europäischen Fußballunion Uefa, drohte mit Boykott aus Europa.
Zuletzt hatten die nordischen Verbände von Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Färöer in einem gemeinsamen Statement ihre Position gegen eine WM-Endrunde alle zwei Jahre verdeutlicht. „Im schlimmsten Fall und als letzte Option kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verbände aus Protest und mangelndem Verlangen nach dem neuen Aufbau aus der Fifa austreten“, sagte der dänische Verbandschef Jesper Möller, der selbst auch Mitglied der UefaExekutive ist.
„Ein großer Fehler“
Nach Ansicht von Javier Tebas, dem Chef der spanischen La Liga, würde eine WM im Zweijahresrhythmus „das komplette Ökosystem des Fußballs“zerstören. „Möglicherweise werden Ligen verkleinert, der Wert der TV-Rechte für diese Ligen sinkt, die Spieler verdienen dort weniger. So machen wir Fußball zu einem Sport der Eliten.
Das ist ein großer Fehler“, sagte der 59-Jährige in einem Interview der Sport Bild.
Der ÖFB befindet sich auf einer Linie mit dem europäischen Verband. „Die 55 Uefa-Mitgliedsverbände sehen die Pläne gemeinsam mit der Uefa anhand der derzeit vorliegenden Informationen sehr kritisch“, hieß es in einer Stellungnahme des Fußballbunds.
Mögliche Folgen
Ein möglicher Austritt von Mitgliedsverbänden ist in Artikel 18 der Fifa-Statuten geregelt. Demnach kann dieser Schritt zum Ende eines Kalenderjahres erfolgen, eine entsprechende Erklärung muss spätestens sechs Monate vor Jahresende abgegeben werden. Dies könnte also nicht mehr 2021 erfolgen, ebenso bleibt abzuwarten, ob Revoluzzerverbände letztlich wirklich auf eine Fifa-Mitgliedschaft verzichten. In der Pandemie hatte der Weltverband 2020 eine Million US-Dollar als direkte Unterstützung an jede der 211 Mitgliedsföderationen ausgeschüttet.
Teams aus den jeweiligen Ländern könnten jedenfalls auch nicht mehr an Fifa-Wettbewerben teilnehmen, wären als Uefa-Mitglied jedoch weiter noch bei Turnieren des europäischen Kontinentalverbands dabei. Die Fifa und Infantino hatten angekündigt, bis zum Jahresende Klarheit haben zu wollen. Dazu könnte es einen außerordentlichen Kongress der Fifa-Mitgliedsverbände kurz vor Weihnachten im Dezember geben.
Bei einer Abstimmung wären die Verbände aus Europa und Südamerika alleine weit von einer Mehrheit entfernt. Als möglicher Kompromiss könnte allerdings noch eine weltweite Nations League nach dem Vorbild der europäischen Version als zusätzliche Veranstaltung anstelle einer WM-Endrunde alle zwei Jahre wieder auf die Agenda rücken. (APA, red)